Diabetes ist nicht gleich Diabetes. Wie groß die stoffwechselbedingte Vielfalt einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung wirklich ist, konnten Forscher jetzt darstellen.
Typ-2-Diabetes ist eine Erkrankung, die sehr unterschiedlich verläuft. Mit Hilfe eines Algorithmus hat ein Team unter Leitung des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) im Alltag gemessene Variablen eingesetzt, die neue Perspektiven auf die Vielfalt des Typ-2-Diabetes hinsichtlich Insulinsensitivität, Insulinsekretion, Verteilung des Fettgewebes und entzündungsfördernder Profile eröffnet.
Die Arbeit präsentiert eine baumartige Darstellung der Diabetes-Heterogenität, die ursprünglich von Forschern in Großbritannien um Ewan Pearson entwickelt wurde und nun in Daten der Deutschen Diabetes-Studie (German Diabetes Study; GDS) und der LURIC-Kohorte präzisiert wurde. Diese innovative Struktur ermöglicht es, verschiedene Subtypen des Typ-2-Diabetes aufzuzeigen, um besser verständlich zu machen, wie komplex diese Erkrankung ist. Erstautor Dr. Martin Schön betont die Bedeutung der Studie: „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass wir Typ-2-Diabetes deutlich differenzierter betrachten müssen und es somit auch nicht nur eine Therapie für alle geben sollte.“
Der Algorithmus basiert neben Alter und Geschlecht auf einfachen, routinemäßigen Daten, die Behandlern entweder vorliegen oder unkompliziert erhoben werden können, z. B. BMI, Gesamtcholesterin oder HbA1c. So können frühzeitig Menschen erkannt werden, die innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diabetes-Diagnose weniger Insulin bilden oder zu ungenügend eingestelltem Bluthochdruck bzw. Fettstoffwechselstörungen neigen. Zudem lassen sich so Risiken – wie früheres Versterben und spezifische Diabeteskomplikationen – besser darstellen.
In den letzten Jahren wurden bereits zahlreiche Ergebnisse zur Subtypisierung des Diabetes mellitus am DDZ gewonnen. Diese immer weiter zu verfeinern sei nun das Ziel für eine Präzisionsdiabetologie der Zukunft, sagt Prof. Michael Roden, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie an der Universitätsklinik Düsseldorf und Direktor des DDZ. „Die Unterscheidung der Untergruppen des Diabetes anhand einfacher klinischer Daten soll die Entwicklung von neuen Ansätzen zur Vorsorge und Behandlung massiv beschleunigen, um letztlich Hochrisikogruppen gezielt zu erkennen und zu therapieren“, betont der Experte.
Dadurch, dass die unterschiedlichen Ausprägungen und Risiken des Typ-2-Diabetes einfach veranschaulicht werden, was auch mit Patienten besprochen werden kann, zeigt sich ein Mehrwert in der täglichen Praxis. „Somit könnten diese Forschungsergebnisse auch Einzug in den Praxisalltag finden“, sagt Prof. Robert Wagner, der die Studie am DDZ geleitet hat. „Die Ergebnisse der Studie haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Typ-2-Diabetes verstehen und behandeln, zu verändern. Es existiert bereits ein Online-Tool, das angewendet werden kann, um die biologische Heterogenität des Typ-2-Diabetes zu erkennen und zu verstehen und einfach in seiner Anwendung ist“, so Wagner. Dies habe das Potenzial, als Vorlage zur Entwicklung von präziseren Therapieansätzen zu dienen.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Diabetes-Zentrums. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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