Mit zunehmendem Alter sinkt bei gesunden Männern der Testosteronspiegel. Gleichzeitig kommt es häufiger zu Erektionsproblemen. Ein Cochrane Review hat nun untersucht, ob eine Testosteronersatztherapie die sexuelle Funktion verbessern kann.
Das Cochrane-Team schloss 43 Studien mit 11.419 Männern über 40 Jahren ein, die unter Störungen ihrer Sexualfunktion in Form einer verminderten Libido und/oder Erektionsstörungen litten. Die Autoren fanden darüber hinaus vier noch laufende Studien, für acht weitere fehlten noch entscheidende Informationen.
Für den Hauptvergleich von Testosteron (zum Einnehmen, als Gel zum Auftragen auf die Haut, als Pflaster oder als intramuskuläre Injektion) versus Placebo zeigte sich allenfalls ein geringer und als klinisch unbedeutend eingestufter Effekt von Testosteron auf die Erektionsfähigkeit und die sexuelle Zufriedenheit (moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Selbst dieser geringe Effekt war nicht konsistent mit allen verwendeten validierten Fragebögen nachweisbar. Immerhin traten im untersuchten Zeitraum von 3 bis 12 Monaten unter Testosteron tödliche Herz-Kreislaufereignisse nicht häufiger auf.
Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit für Untersuchungszeiträume von mehr als einem Jahr fehlen. Typischerweise wird ein Testosteronersatz jedoch längerfristig angewendet. Es bestehen erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich Langzeitrisiken, insbesondere was kardiovaskuläre Erkrankungen und Wirkungen auf die Prostata (Prostatakrebs) betrifft.
Testosteronersatztherapien sind in Deutschland nicht für gesunde Männer mit lediglich altersbedingt niedrigen Testosteronwerten zugelassen. Ärztlich verschrieben werden dürfen sie eigentlich nur für Männer mit Hypogonadismus, also einem klinisch und labormedizinisch bestätigtem, erheblichen Testosteronmangel. Dies schließt den Einsatz als Anti-Aging-Mittel für den alternden Mann aus.
Testosteronersatztherapien für den alternden Mann werden schon länger kontrovers diskutiert. Für Kritiker sind sie ein Paradebeispiel für sogenanntes Disease mongering, bei dem normale Erscheinungen und Veränderungen des Körpers zu therapiebedürftigen Krankheiten aufgebauscht werden, um dann teure Therapien „an den Mann“ bringen zu können. So wird Testosteronpräparaten häufig bessere Leistungsfähigkeit, gesteigertes sexuelles Verlangen, zunehmende Muskelmasse und abnehmendes Körperfett zugeschrieben, ohne dass Studienergebnisse den Nutzen einer derartigen Ersatztherapie ausreichend belegen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von Cochrane Deutschland. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
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