Fast jedes dritte zahnärztliche MVZ wird jetzt schon von versorgungsfremden Investoren betrieben. Zahnärzten ist das ein Dorn im Auge – zumal Lauterbach gesetzliche Spielregeln versprochen hat. Aber: Wo bleiben sie?
Zahnarztpraxen sind für große Kapitalgeber finanziell attraktiv – und daher längst in ihr Visier geraten: Fast jedes dritte zahnärztliche MVZ wird mittlerweile von versorgungsfremden Investoren (iMVZ) betrieben. Im 3. Quartal 2023 lag der Anteil bei 30,4 Prozent. Insgesamt sind das 464 iMVZ in Deutschland – Tendenz weiter steigend. Das stößt Zahnärzten sauer auf. „Mit dem einseitigen Fokus auf schnelle Gewinnmaximierung stellen iMVZ eine erhebliche Gefahr für die Versorgungsqualität, das Patientenwohl und die Sicherstellung der Versorgung insgesamt dar“, erklärt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gegenüber der DocCheck News Redaktion.
Die KZBV will deswegen, dass Investoren wirksam kontrolliert werden. Gemeinsam mit der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) forderte sie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Erklärung dazu auf, entsprechende Regelungen in die aktuellen Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen – um die Schlupflöcher in der MVZ-Gesetzgebung, die bislang von Fremdinvestoren gerne genutzt werden, so bald wie möglich zu schließen.
Noch Ende 2022 gab Lauterbach ein Versprechen: „Ich schiebe einen Riegel davor, dass Investoren mit absoluter Profitgier Arztpraxen aufkaufen.“ Er kündigte an, per Gesetz dafür zu sorgen, dass Finanzinvestoren in Deutschland weiterhin Arztpraxen übernehmen. Jetzt liegt der Referentenentwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) auf dem Tisch – und Zahnärzte fühlen sich übergangen. „Der aktuelle Referentenentwurf des GVSG bietet leider noch keine Lösungsansätze zur Eindämmung der Problematik“, sagt Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, auf Anfrage der DocCheck News Redaktion.
Das Problem seien vollkommen fachfremde Investoren, die sich in ohnehin meist gut versorgten und kaufkraftstarken Regionen niederlassen. „Eine drohende Unterversorgung in ländlichen Gebieten wird durch iMVZ nicht gelöst, sondern verstärkt, die Behandlung vulnerabler Gruppen wird von den iMVZ meist vernachlässigt“, so von Laffert. Es gehe dabei vor allem darum, in kaufkraftstarken Regionen Renditeversprechen zu erfüllen. Er sieht auch erhebliche Gefahren für die Patientenversorgung, wie eine US-Studie zu Private-Equity-Akquisitionen belege.
Die Analyse von Abrechnungsdaten zeige laut KZBV zudem eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen. Auch an der Versorgung von pflegebedürftigen oder behinderten Patienten im Rahmen der aufsuchenden Versorgung würden iMVZ kaum teilnehmen. Gleiches gelte für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit präventiven Leistungen der Individualprophylaxe. Durch größere Kettenbildungen steige die Gefahr von regionalen Versorgungslücken im Fall von Insolvenzen.
„Es ist höchste Zeit, dass der Bundesgesundheitsminister endlich seinen eigenen klaren Worten auch Taten folgen lässt“, erklärt die KZBV. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die bestehenden Forderungen des Bundesrates ergänzt und eine fachliche Gründungsbeschränkung für zahnärztliche MVZ aufgreift, müsse jetzt so schnell wie möglich vorgelegt werden.
„Unsere konkreten Vorschläge dazu liegen seit Langem auf dem Tisch: Ein räumlicher und – das ist wichtig – auch fachlicher Bezug eines Trägerkrankenhauses muss gesetzlich zur Voraussetzung der Gründungsbefugnis eines Krankenhauses von iMVZ gemacht werden“, so die KZBV. Außerdem brauche es mehr Transparenz: Hier könnten iMVZ-Register und die Verpflichtung für iMVZ-Betreiber, auf Praxisschildern und Websites Angaben über Träger- und Inhaberstrukturen zu machen, eine realistische Lösung sein.
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