Für Personen mit hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie und leichten bis mittelschweren Symptomen gibt es seit kurzem ein spezifisches Medikament – doch die Datenlage ist lückenhaft. Nun legte der Hersteller nach.
In einem Addendum zu einer Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erneut untersucht, ob Mavacamten Erwachsenen mit symptomatischer hypertropher obstruktiver Kardiomyopathie (HOCM) einen Zusatznutzen gegenüber einer Therapie nach ärztlicher Maßgabe bietet. Die nun vorliegenden Auswertungen zeigen: Es gibt Vorteile bei der Morbidität und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Insgesamt gibt es daher einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie.
Die HOCM ist eine genetische Erkrankung des Herzmuskels, bei der die Wände der linken Herzkammer so stark verdickt sind, dass die Kammer verkleinert ist. Durch die Verengung wird der Ausfluss des Blutes aus dieser Kammer während der Systole behindert (Obstruktion) und es kann zu einem Rückstau in die Lungenvenen kommen. Während manche Betroffene kaum etwas davon bemerken, erfahren andere Leistungsminderungen und weitere Symptome wie Müdigkeit, Atemnot, Brustenge, Herzrhythmusstörungen oder Schwindel. Vor allem jüngere Patienten haben zudem ein erhöhtes Risiko eines plötzlichen Herztods.
Während schwere Obstruktionen meist operativ beseitigt werden, steht für leichtere Formen und Betroffene mit geringer bis mittlerer Symptomatik neuerdings mit Mavacamten ein Wirkstoff zur Verfügung, der spezifisch den Herzmuskel entspannt. Dadurch soll das Herz weniger stark schlagen und die linke Kammer besser gefüllt und entleert werden.
In seinem Dossier hatte der Hersteller 2023 Daten aus der Placebo-kontrollierten Studie EXPLORER-HCM eingereicht. Deren Teilnehmer erhielten Mavacamten bzw. Placebo jeweils zusätzlich zu nicht gefäßerweiternden Betablockern oder Calciumkanalblockern nach ärztlicher Maßgabe. Ihre körperliche Leistungsfähigkeit war teils leicht, teils stärker eingeschränkt. Für viele Patienten blieb allerdings offen, ob die in der Studie eingesetzte Therapie nach ärztlicher Maßgabe sachgerecht war. Im Stellungnahmeverfahren und nach der mündlichen Anhörung hat der Hersteller hierzu Informationen und Auswertungen nachgereicht. Damit ist das Hauptproblem behoben, auch wenn noch einige Unsicherheiten verbleiben. Aus den Studiendaten können daher maximal Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen abgeleitet werden.
In der Kategorie Morbidität gibt es bei zwei Endpunkten einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen, für einen weiteren Endpunkt einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Mavacamten plus Therapie nach ärztlicher Maßgabe gegenüber Placebo plus Therapie nach ärztlicher Maßgabe. In der Kategorie gesundheitsbezogene Lebensqualität kommt ein weiterer Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen hinzu. In den Endpunktkategorien Mortalität und Nebenwirkungen gibt es keine Anhaltspunkte für Vor- oder Nachteile des neuen Wirkstoffs.
Zusammenfassend gibt es für Patienten mit symptomatischer HOCM (NYHA-Klassen II bis III) einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Mavacamten plus Begleittherapie nach ärztlicher Maßgabe gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie. „Das ist ein erfreuliches Ergebnis für dieses erste spezifische HOCM-Arzneimittel“, meint Volker Vervölgyi, Bereichsleiter im IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung. „Und es zeigt: Das AMNOG-Verfahren funktioniert. Durch die nachgelieferten Informationen konnte Transparenz zum Zusatznutzen von Mavacamten hergestellt werden, insbesondere zum positiven Einfluss auf die Lebensqualität. Diese Bewertung wird daher zukünftig auch die Therapieentscheidung vor Ort unterstützen.“
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Die Originalstudie haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: erstellt mit DALL-E