Lepra-Fälle in Deutschland sind zwar selten, aber wenn sie auftreten, ist richtiges und schnelles Handeln wichtig. Lest hier, worauf es ankommt.
Lepra findet bereits Erwähnung in der Bibel sowie in chinesischen und indischen Schriften, die vor unserer Zeitrechnung verfasst wurden. Die bahnbrechende Entdeckung des auslösenden Bakteriums Mycobacterium leprae erfolgte jedoch erst im Jahr 1873 durch den norwegischen Arzt Gerhard Armauer Hansen. Die Identifizierung des verursachenden Erregers eröffnete den Weg für intensivere Forschung und die Entwicklung von Therapieansätzen.
Lepra manifestiert sich zunächst durch sichtbare Hautveränderungen und schädigt die Nerven, was zu einem Verlust des Schmerzempfindens führen kann. Dieser Mangel an Schmerzempfinden birgt das Risiko von Verletzungen, die unbeachtet bleiben und im weiteren Verlauf zu Verstümmelungen führen können. In fortgeschrittenen Fällen kann Lepra zu schweren Behinderungen führen.
Heutzutage ist Lepra mithilfe eines Medikamentenregimes, bestehend aus den drei Wirkstoffen Rifampicin, Dapson und Clofazimin, über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten erfolgreich heilbar. Diese Fortschritte in der medizinischen Forschung und Therapie haben dazu beigetragen, die Auswirkungen dieser Krankheit erheblich zu reduzieren und den Betroffenen eine effektive Behandlung zu ermöglichen. Die Stigmatisierung von Menschen, die an Lepra erkrankt sind, ist jedoch weiterhin weltweit präsent. Viele Betroffene erfahren nach wie vor soziale Ausgrenzung und Isolation, selbst in Regionen, in denen Lepra nicht mehr als öffentliches Gesundheitsproblem betrachtet wird.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2020 das ehrgeizige Ziel formuliert, Lepra bis 2030 zu eliminieren. Im Jahr 2022 wurden weltweit 174.087 neue Fälle aus 183 Ländern gemeldet, darunter 10.302 Kinder. Bedauerlicherweise zeigen diese Zahlen seit 2020 wieder eine leichte Zunahme. In Deutschland ist Lepra eine meldepflichtige Erkrankung. Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt die Fallzahlen im Durchschnitt mit lediglich 2 Fällen pro Jahr an. Diese Fälle sind meist importiert aus Endemiegebieten, und Lepra bleibt somit in Deutschland eine äußerst seltene Erkrankung. Kommt es trotz dieser geringen Prävalenz zu einem Kontakt mit Patienten, die an Lepra leiden, führt dies zu erheblicher Unsicherheit. Die Angst vor einer möglichen Infektion steht dabei im Vordergrund und unterstreicht die Bedeutung von Aufklärung und Sensibilisierung, selbst in Ländern mit niedrigen Fallzahlen wie Deutschland.
Die Übertragung von M. leprae erfolgt durch Tröpfcheninfektion, wobei für eine Ansteckung ein langer und intensiver Kontakt erforderlich ist. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Infektion mit dem Bakterium automatisch zu einer Erkrankung an Lepra führt. Die WHO empfiehlt eine einmalige Gabe von Rifampicin für Kontaktpersonen ab 2 Jahren. Diese Empfehlung basiert auf Daten aus der COLEP-Studie, einer doppelblinden, randomisierten kontrollierten Studie, die in Bangladesch durchgeführt wurde. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass die einmalige Gabe von Rifampicin bei Lepra-Kontakten mit einer Risikoreduktion von 57 % über einen Zeitraum von 2 Jahren und von 30 % über 5 bis 6 Jahre assoziiert war. In konkreten Zahlen konnten nach 1 bis 2 Jahren vier Leprafälle bei 1.000 behandelten Kontaktpersonen vermieden werden. Da die Studie in Bangladesch, einem Lepra-Endemiegebiet, durchgeführt wurde, ist zu beachten, dass die Empfehlung wahrscheinlich nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar ist.
Eine weitere charakteristische Eigenschaft von Lepra besteht darin, dass zwischen der Infektion und dem tatsächlichen Ausbruch der Erkrankung Jahre bis sogar Jahrzehnte vergehen können. Daher ist es von großer Bedeutung, Patienten über die Erkrankung ausführlich aufzuklären, unabhängig davon, ob ihr euch entscheidet, sie präventiv mit einer einmaligen Gabe von Rifampicin zu behandeln.
Wenn ein Patient tatsächlich an Lepra erkrankt, steht ihm eine längere medikamentöse Therapie von 6 bis 10 Monaten bevor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt immer eine medikamentöse Dreifachtherapie mit Dapson, Rifampicin und Clofazimin. Rifampicin wird einmal monatlich eingenommen, während die anderen beiden Antibiotika täglich eingenommen werden müssen. Die WHO differenziert bei der Therapiedauer zwischen der tuberkuloiden und der lepromatösen Form der Lepra. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass bei der tuberkuloiden Lepra nur wenige Mykobakterien (paucibacillär) vorhanden sind, während bei der lepromatösen Form viele Mykobakterien (multibacillär) in den Lepraläsionen nachgewiesen werden können. Zwischen diesen beiden Kategorien existieren zahlreiche Zwischenformen. Welche Form vorliegt, hängt von der Immunreaktion des betroffenen Patienten ab. Bei der tuberkuloiden Form beträgt die Therapiedauer 6 Monate, während sie sich bei der lepromatösen Form auf 12 Monate verlängert.
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