Wie behandeln bei chronischen Schmerzen? Die Antwort darauf ist so komplex wie das Problem. Ein aktuelles Leitlinien-Update soll vor allem Hausärzte bei der Wahl der passenden Therapie unterstützen.
Chronische Schmerzen gehen für Betroffene oft mit einem hohen Leidensdruck einher – bei manchen sogar bis zum sozialen Rückzug. Dabei ist das Krankheitsbild mit vielfältigen Schmerzformen äußerst komplex, auch, weil es häufig psychische Komorbiditäten gibt. Die Behandlung ist in der Regel anspruchsvoll, weil die Gründe oft vielschichtig sind oder keine organische Ursache gefunden werden kann. Umso wichtiger, dass sich Hausärzte schnell über Leitlinien orientieren können, für welche diagnostischen und therapeutischen Optionen es die beste medizinische Evidenz gibt. Damit kann die Basis-Schmerzversorgung in der Fläche nachhaltig gestärkt werden.
Vor diesem Hintergrund hat die DEGAM vor einigen Jahren unter der Leitung der Autorinnen Prof. Annette Becker und Dr. Cornelia Straßner die Leitlinie „Chronischer nicht-tumorbedingter Schmerz“ als Handlungsempfehlung entwickelt und kürzlich ein Update veröffentlicht. Wichtig ist vor allem, dass die Leitlinie die große Vielfalt der Schmerzformen, die in der Hausarztmedizin auftreten, abdeckt und entsprechende Hinweise gibt.
Chronische Schmerzen (am häufigsten sind Rücken-, gefolgt von Gelenk- und Kopfschmerzen) werden durch ein komplexes Zusammenspiel organischer, psychischer und kontextualer Faktoren bedingt bzw. begünstigt. Je nachdem, welche Faktoren überwiegen, helfen unterschiedliche medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien, die in der Leitlinie vorgestellt werden.
Zur schnellen Orientierung enthält die Leitlinie einen Algorithmus für ein hausärztliches Schmerzmanagement mit den wichtigsten Hinweisen. Zentral ist die Empfehlung, dass der Therapie ein biopsychosoziales Modell zugrunde gelegt werden sollte. Dabei gilt es, Selbstmanagement und nicht-medikamentöse Maßnahmen vorrangig zu stärken – die Medikation sollte in der Therapie nur ein Aspekt unter mehreren sein.
„Die Leitlinie ist auch deshalb so wichtig, da es gerade in der Schmerztherapie immer wieder zu Über- und Unterversorgung kommt. Die einen bekommen zu viel, die anderen zu wenig“, stellt Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM, fest. „Aber wir wissen, dass gute und evidenzbasierte Leitlinien dazu beitragen können, diese Formen von Über-, Unter- und Fehlversorgung zu reduzieren.“
Prof. Jean-François Chenot, Vize-Präsident der DEGAM und Pate der Leitlinie, ergänzt: „Die Behandlung von chronischen Schmerzpatienten ist – das zeigt auch die Leitlinie – eine komplexe Aufgabe, die in der Praxis aber nicht immer ausreichend Raum bekommt. Es ist lange bekannt, dass Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland auf zu viele Patientenkontakte mit zu wenig Zeit für die einzelnen Patienten kommen. Das muss sich ändern. Wir brauchen intensivere Patientenkontakte und eine Aufwertung der sprechenden Medizin, um Schmerz-Patientinnen und -Patienten angemessen begleiten zu können.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Die Leitlinie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Amila Quintero Franco, Unsplash