Wenn Patienten im Alter inkontinent werden, kann das auch Kopfsache sein. Die aktualisierte Leitlinie zum Thema Inkontinenz berücksichtigt daher neben Themen wie der Harnblasen-Langzeitdrainage auch psychosomatische Aspekte.
Inkontinenz ist immer noch ein Tabuthema. Doch vor allem ältere Menschen verlieren ungewollt Urin – etwa beim Husten – oder schaffen es nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette. Um eine bestmögliche Betreuung und Behandlung für diese Patientengruppe zu gewährleisten, wurde die Leitlinie zum dritten Mal aktualisiert und jetzt veröffentlicht. Die Federführung bei der Erstellung der S2k-Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten – Diagnostik und Therapie“ hat die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) übernommen. Leitlinien-Koordinator Prof. Andreas Wiedemann, Leiter der Arbeitsgruppe Inkontinenz bei der DGG, sagt: „Wir haben wichtige neue Handlungsempfehlungen erarbeitet, die insbesondere bei hochaltrigen Patientinnen und Patienten zu mehr Lebensqualität führen können.“
Insgesamt 14 Kapitel inklusive Literaturquellen umfasst das rund 150-seitige Dokument der Leitlinie. Das Themenspektrum reicht von Diagnosemethoden und Assessmentinstrumenten über medikamentöse und operative Therapie bis hin zu Toilettentraining und Hilfsmitteln. „Komplett neu ist das Kapitel zur instrumentellen Harnblasen-Langzeitdrainage. Denn gerade hier gibt es viele neue Daten über die Lebensqualität von Katheter-Trägern. Bei geriatrischen Patienten ist es häufig so, dass sie nicht mehr therapiert werden können oder keinen Therapiewunsch haben, aber dank Katheter noch versorgt werden können“, erklärt Wiedemann. Neu ist ebenfalls ein Kapitel, das sich explizit mit psychosomatischen Aspekten von Harninkontinenz bei älteren Menschen befasst.
Auch alle anderen Kapitel wurden in einem strukturierten Konsensprozess mit allen Fachgesellschaften überarbeitet. „Die Reichweite der fachlichen Anwendung dieser Leitlinie ist noch größer geworden. Sie ist nicht nur für Geriater gedacht, sondern für alle, die geriatrische Patienten mit Harninkontinenz in ihren Abteilungen und Praxen behandeln“, sagt Wiedemann. Mit Blick auf die besondere Vulnerabilität geriatrischer Patienten ergänzt er: „Manchmal kann es auch Sinn machen, eine abgeänderte oder kürzere Version eines Behandlungsprogramms durchzuführen, um diesem Umstand gerecht zu werden. Auch dafür gibt die vorliegende neue Leitlinie konkrete Handlungsempfehlungen zur Orientierung.“
An der zweijährigen Gemeinschaftsarbeit zur Aktualisierung der Leitlinie waren neben der DGG ebenso die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), die Deutsche Kontinenz Gesellschaft (DKG) sowie die Inkontinenz Selbsthilfe und die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP) beteiligt.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie. Die Leitlinie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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