Durch einen neu entdeckten Mechanismus kommt es bei Alzheimer-Patienten zu einem Versagen der Mitochondrien. Das führt zu einer reduzierten Versorgung des Gehirns mit Energie. Lest hier mehr zu den Folgen.
Die Methylierung von mRNA stört die Herstellung der Untereinheit ND5 von Komplex I der Atmungskette. Dadurch wird die Energieversorgung des Gehirns beeinträchtigt. „Es handelt sich hierbei um einen Effekt, der durch eine RNA-Modifikation vermittelt wird und der bisher unbekannt war“, sagt Prof. Kristina Friedland vom Institut für Pharmazeutische und Biomedizinische Wissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Sie hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Mark Helm diese Studie geleitet, die in der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht wurde.
Mitochondrien sind Organellen im Innern der Zellen, die im gesamten Körper, besonders aber im Gehirn für die Bereitstellung von Energie sorgen. So ist das Gehirn für seinen Energiebedarf zu 95 % auf die Verstoffwechselung von Glucose in den Mitochondrien angewiesen. Seit Langem ist bekannt, dass bei der Alzheimer-Demenz die Glukose-Verstoffwechselung schon früh im Krankheitsprozess beeinträchtigt ist. Dem liegt eine Funktionsstörung der Mitochondrien zugrunde, die durch Alterungsprozesse und durch Beta-Amyloid ausgelöst wird.
An der inneren Membran der Mitochondrien erfolgt durch die Atmungskette die Erzeugung von Energie in Form von Adenosintriphosphat. Daran sind über tausend Proteine beteiligt, die vom Zellkern zu den Mitochondrien transportiert werden. „Aber es gibt auch Proteine, die direkt in den Mitochondrien hergestellt werden. Dazu zählt ND5, eine Untereinheit im Komplex I der Atmungskette“, erklärt Friedland. Komplex I nimmt Elektronen von NADH auf und überträgt sie auf Ubichinon, wodurch Ubichinol gebildet wird. Dabei werden vier Protonen aus der Matrix in den Intermembranraum gepumpt. ND5 ist wichtig für diesen Prozess und Mutationen in dem mitochondrial kodierten Gen dieser Untereinheit führen zu schwerwiegenden mitochondrialen Erkrankungen wie zum Beispiel dem Leigh-Syndrom.
Erhöhte TRMT10C-Proteinspiegel bei Alzheimer-Demenz führen zu einer Methylierung der mitochondrialen mRNA und in der Folge zur Hemmung der Proteinsynthese einer Untereinheit von Komplex I der Atmungskette und schließlich zur mitochondrialen Dysfunktion. Credit: Kristina Friedland/JGU.
Bekannt ist bereits, dass an der mRNA, die für dieses Protein den Bauplan liefert, eine Methylierung stattfinden kann. Die mRNA ist in den Zellen für den Transport der Erbinformation und zusammen mit der tRNA für die Umsetzung in Proteine zuständig. Eine Methylierung erzeugt eine chemische Abänderung und führt dazu, dass mRNA und tRNA nicht mehr richtig interagieren können. „Die Synthese wird unterbrochen und es entsteht weniger Protein der Untereinheit ND5, die für den Komplex I von zentraler Bedeutung ist, weil hier der gesamte Prozess der Atmungskette beginnt“, so Friedland.
Die Arbeitsgruppen konnten zeigen, dass das Enzym TRMT10C diese Methylierung und in der Folge die Unterdrückung von ND5 hervorruft. Sowohl im Zellmodell als auch im Gehirn von Alzheimer-Patienten war die Biosynthese von Proteinen der Untereinheit ND5 erniedrigt. „Infolgedessen konnte hier zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass die durch TRMT10C ausgelöste m1A-Methylierung der ND5-mRNA zu einer mitochondrialen Dysfunktion führt. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser neu identifizierte Mechanismus an der Amyloid-beta-induzierten mitochondrialen Funktionsstörung beteiligt sein könnte“, schreiben die Autoren.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Frames for your heart, Unsplash