Das winterlich kalte Bad liegt im Trend – aber hat Eisbaden wirklich positive Effekte auf die Gesundheit? Ein Blick in die Studienlage.
Temperaturen von unter 20 °C bis zu eisigen Minusgraden – Hauptsache, frieren! Beim Eisbaden geht es darum, die Hauttemperatur runterzukühlen und eine Reaktion zu bewirken, die mit vielen positiven Effekten assoziiert zu sein scheint. So soll das Winterbad den Kreislauf, die Fettverbrennung und Muskelregeneration anregen, das Immunsystem und die Psyche stärken.
Doch wer Eisbaden möchte, sollte sich erst einmal durchchecken lassen. Denn wer seinem Körper damit etwas Gutes tun will, muss bereits einen gesunden Kreislauf mitbringen – bei Herz- oder Gefäßproblemen kann Eisbaden lebensgefährlich werden. Der Hintergrund: Da es sich um eine Stresssituation für unseren Körper handelt, führt Eisbaden auch zur Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Gleichzeitig können durch eine Kälteschockreaktion Blutdruck sowie Atem- und Herzfrequenz steigen. Das kann wiederum zu Tachykardie, Hyperventilation, Hypertonie und letztlich auch zu Atemstillstand führen.
Regelmäßiges Eisbaden oder Kaltbäder können aber zu einer Gewöhnung an die Atmungsreaktion führen, wodurch sich diese Kälteschockreaktion reduziert. Bei einem zu langen Eisbad besteht zudem Unterkühlungsgefahr. Experten raten oft zu wenigen Minuten, doch durch individuelle Schwankungen lässt sich hier pauschal kein gesundes Zeitintervall fürs Eisbad bestimmen. Ein langsames Herantasten an die Kälte wird daher empfohlen. Es gibt einige Studien, die die die Vorteile vom kalten Baden herausstellen – aber lohnt sich das Risiko?
Ein positiver Einfluss von Eisbädern auf die Fettverbrennung konnte tatsächlich bestätigt werden. Durch die Kälte beginnt der Körper nämlich, zu zittern, um sich aufzuwärmen. Dieser Prozess der Thermogenese durch Muskelkontraktionen kurbelt den Metabolismus an. Eine weitere Form der Thermogenese wird durch Noradrenalin ausgelöst. Die braunen Fettdepots können so aktiviert werden und wandeln Glukose und Fettsäuren in Wärme um. Bei Neugeborenen ist das gut belegt, Erwachsene verbrauchen dabei aber nur ca < 20 kcal pro Tag. Hier sind also nur leichte Effekte zu sehen.
Weitere Beobachtungen: Akute Kälteexposition reduziert das Leptin-Level im Plasma. Leptin reguliert die Homöostase-Kontrolle des Fettgewebes und hat daher Einfluss auf den Metabolismus. Allerdings scheint sich dieser Effekt bei regelmäßigem Eisbaden wieder zu reduzieren. Bei regelmäßigem Winterschwimmern hingegen wurde ebenso ein Anstieg des Adiponektinspiegels im Plasma beobachtet. Das könnte sich positiv auf Insulinresistenz, Diabetes, Arteriosklerose und andere altersbedingte Krankheiten auswirken. Auch konnte gezeigt werden, dass bei regel- und unregelmäßigem Eisbaden die Insulin-Sensitivität ansteigt, während die Insulin-Konzentration sinkt. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse bleibt es dennoch schwierig, die medizinischen Zusammenhänge genau zu erfassen.
Die Stärkung des Herz-Kreislaufsystems gilt als weiterer Vorteil des regelmäßigen Eisbadens und tatsächlich werden die Gefäßreaktionen durch Vasokonstriktion und -dilation trainiert. Das könnte sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken. In einer Studie dazu wurden Winterschwimmer mit einer Kontrollgruppe verglichen. Es ging darum, kardiovaskuläre Risikofaktoren und die Fähigkeit, die schädlichen Auswirkungen von oxidativem Stress auszugleichen, zu untersuchen. Das Ergebnis: Personen, die an Kälte gewöhnt waren, zeigten tatsächlich geringere Marker für kardiovaskuläre Risikofaktoren als die Kontrollgruppe. Der positive Effekt von Eisschwimmen konnte hier also nachgewiesen werden. Andere Daten zeigten bei Extremsportlern aber das Gegenteil. Bei Elite-Eisschwimmern kommt es häufiger zu einer Erhöhung der Troponin-Werte, was wiederum mit einem höheren Risiko für das Koronarsyndrom in Verbindung steht. Ob bei einem Eisbad die gleichen Risiken bestehen, wurde bisher nicht wissenschaftlich belegt.
Auch der Blutdruck von Eisschwimmern wurde untersucht. Dieser stieg zwar an, während sie in der Kälte auf das Eintauchen ins Wasser warteten, erhöhte sich jedoch nicht weiter bei Wasserkontakt oder beim Schwimmen. Schon vier Minuten nach Kälteexposition waren die Werte wieder im Normalbereich.
Vom Eisbaden soll auch das Immunsystem profitieren. In einer Studie wurde der Effekt eines einzelnen Kaltbades bei 14 °C mit dem von regelmäßigen Bädern – dreimal wöchentlich – verglichen. Nach 6 Wochen zeichnete sich ein tendenzieller Anstieg der IL6-Konzentration im Blut sowie der Anzahl an T-Lymphozyten ab. Während die Zahl der T-Helferzellen, T-Suppressorzellen und aktivierten T- und B-Lymphozyten ebenfalls leicht anstieg, veränderten sich zum Beispiel die Erythrozyten- und Leukozytenzahl nicht signifikant. Offenbar wird das Immunsystem hier nur geringfügig aktiviert.
Wissenschaftler schlussfolgern, dass regelmäßige Stresserfahrungen zu einer erhöhten Stresstoleranz führen, welche sich auch positiv auf die Gesundheit auswirken kann. Passend dazu konnte eine Studie zwar zeigen, dass Eisschwimmer im Vergleich zu regulären Schwimmern tendenziell seltener an Atemwegsinfekten erkranken. Die Ergebnisse waren aber nicht statistisch signifikant.
So oder so – Eisbaden muss geübt sein und erfordert Vorbereitung. Am besten beginnt man zuhause mit kalten Duschen. In der Natur sollte darauf geachtet werden, vom Uferbereich ins Wasser zu gehen und immer eine Verbindung zum Grund zu halten. Erfahrene Eisbader empfehlen außerdem ein langsames Aufwärmen, um einen Afterdrop zu vermeiden.
Die Ergebnisse unterschiedlicher Studien deuten positive Effekte des Eisbadens auf die kardiovaskuläre Gesundheit an. Auch der Einfluss auf das Immunsystem scheint vielversprechend. Allerdings waren viele Versuchsgruppen recht klein und bezogen sich häufig auf Eisschwimmer, also Extremsportler. Ein positiver Effekt zeichnet sich nur schwach ab – es bräuchte weitere Studien, um ihn konkret auf das Eisbaden zurückzuführen.
Bildquelle: Getty Images, Unsplash