Eine neue Studie zeigt, dass ein Herzinfarkt das Risiko, andere schwere Langzeiterkrankungen zu entwickeln, deutlich erhöht. Mehr dazu hier.
Forscher der Universität Leeds haben mehr als 145 Millionen Datensätze aller erwachsenen Patienten, die über einen Zeitraum von neun Jahren ins Krankenhaus eingeliefert wurden, analysiert. Das Ziel dabei: Ermittlung des Risikos langfristiger gesundheitlicher Folgen nach einem Herzinfarkt.
Herzinfarkte sind zwar eine ernste und lebensbedrohliche Erkrankung, doch überleben sie nach Schätzungen der British Heart Foundation heutzutage mehr als sieben von zehn Menschen, sofern sie schnell und notfallmäßig behandelt werden. Frühere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Herzinfarkte gesundheitliche Folgen für die Patienten haben können. Dazu zählen weitere Erkrankungen, die das Herz-Kreislaufsystem betreffen. Auch andere Körperpartien können betroffen und psychische Erkrankungen eine Folge sein.
Die Studie ergab auch, dass Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten nach einem Herzinfarkt mit größerer Wahrscheinlichkeit sterben oder schwerwiegende langfristige Gesundheitsstörungen entwickeln. Insbesondere erkrankten Betroffene aus sozial schwächeren Schichten häufiger an Herz- und Nierenversagen als andere Patienten aus weniger benachteiligten Schichten in ähnlichem Alter.
Hauptautor Dr. Marlous Hall, außerordentlicher Professor für kardiovaskuläre Epidemiologie an der School of Medicine in Leeds und für Multimorbiditätsforschung am Leeds Institute for Data Analytics (LIDA), sagt: „Unsere Studie bietet zugängliche Online-Informationen über das Risiko dieser gesundheitlichen Folgen für bestimmte Alters-, Geschlechts- und sozioökonomisch benachteiligte Gruppen, so dass Personen, die einen Herzinfarkt überlebt haben, gut über ihre zukünftigen Risiken informiert werden können, um eine informierte Entscheidungsfindung mit ihrem Arzt zu unterstützen. Eine wirksame Kommunikation über den wahrscheinlichen Krankheitsverlauf und das Risiko negativer Langzeitfolgen zwischen Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe kann positive Änderungen des Lebensstils fördern, die Patienten ermutigen, sich an die Behandlung zu halten, und das Verständnis der Patienten und ihre Lebensqualität verbessern.“
Die Forscher analysierten die Aufzeichnungen aller Personen ab 18 Jahren, die zwischen dem 1. Januar 2008 und dem 31. Januar 2017 in einen von 229 NHS Trusts in England eingeliefert wurden. Dies ergab 145.912.852 Krankenhausaufenthalte bei 34.116.257 Personen. Es gab 433.361 Meldungen von Personen, die zum ersten Mal einen Herzinfarkt erlitten. Das Durchschnittsalter der Herzinfarktpatienten lag bei 67 Jahren, 66 % der Patienten waren männlich. Die Studie untersuchte auch nicht tödliche Gesundheitsfolgen sowie jeglichen Tod und verglich die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe von 2.001.310 Personen.
Die Untersuchung ergab, dass das Risiko, nach einem Herzinfarkt an bestimmten Krankheiten zu erkranken, im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich erhöht war. Am wahrscheinlichsten war eine Herzinsuffizienz: 29,6 % der Studienteilnehmer erkrankten innerhalb von neun Jahren nach ihrem Herzinfarkt an dieser Krankheit, verglichen mit 9,8 % der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum. Ein Nierenversagen entwickelte sich bei 27,2 % der Patienten in der Studiengruppe, verglichen mit 19,8 % in der Kontrollgruppe. Bei 17 % der Studiengruppe kam es zu einer erneuten Krankenhauseinweisung wegen Diabetes, verglichen mit 14,3 % in der Kontrollgruppe.
Andere Folgen waren:
Insgesamt wurde bei 8,9 % der Personen nach einem Herzinfarkt eine Depression im Krankenhaus festgestellt – das war 6 % wahrscheinlicher als in der Kontrollgruppe. Bei Frauen war diese Wahrscheinlichkeit höher als bei Männern, insbesondere bei Betroffenen, die ihren Herzinfarkt in jüngerem Alter erlitten. 21,5 % der Frauen, die zum Zeitpunkt ihres Herzinfarkts unter 40 Jahre alt waren, wurden wegen einer Depression ins Krankenhaus eingewiesen, verglichen mit 11,5 % der Männer in derselben Altersgruppe.
Das Risiko, nach einem Herzinfarkt an einer Demenz zu erkranken, unterschied sich insgesamt nicht von dem der Kontrollgruppe. Zwar war das Risiko einer vaskulären Demenz in der Studiengruppe höher, doch war der beobachtete Unterschied gering (Studiengruppe: 2,3 %; Kontrollgruppe: 2,1 %). Im Gegensatz zu anderen Gesundheitsergebnissen zeigte die Untersuchung, dass Krebs in der Studiengruppe weniger stark ausgeprägt war als in der Kontrollgruppe. Etwa 13,5 % der Studienteilnehmer erkrankten nach ihrem Herzinfarkt an Krebs, in der Kontrollgruppe waren es dagegen 21,5 %. Die spezifischen Gründe für diese geringere Zahl bleiben unklar und müssen weiter untersucht werden.
Morag Foreman, Leiterin der Forschungsabteilung bei Wellcome, sagt: „Diese Forschung zeigt, wie Kohortenstudien und die Analyse großer Datensätze unser Verständnis für wichtige gesundheitliche Herausforderungen verbessern können und verdeutlicht den Wert der Unterstützung von Entdeckungsforschung auf dem Gebiet der Bevölkerung und der öffentlichen Gesundheit. Da sich die Überlebensraten nach einem Herzinfarkt verbessern, ist das Verständnis der längerfristigen Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit von entscheidender Bedeutung.“
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universität von Leeds. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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