Dass körperliche Bewegung gegen Hypertonie helfen kann, ist kein Geheimnis. Doch was ist besser: schnell und anstrengend oder langsam und kontrolliert?
Vorbeugen ist besser als heilen – im Falle der arteriellen Hypertonie gilt dies sogar wörtlich. Dass körperliche Betätigung sich generell positiv auf die kardiovaskuläre Gesundheit auswirkt, ist allgemein bekannt. Die Frage ist nun, welche Art von Ertüchtigung ist im Stadium der Prähypertonie am besten, damit es gar nicht erst zur manifesten Hypertonie kommt und eine medikamentöse Therapie nötig wird.
Dieser Frage wurde in einer prospektiven einfach verblindeten randomisierten klinischen Studie nachgegangen. 342 Teilnehmer mit einem systolischen Blutdruck (SBP) zwischen 120 und 139 mmHg und/oder einem diastolischen Druck (DBP) von 80 bis 89 mmHg wurden randomisiert in eine von zwei Gruppen aufgeteilt: ein Jahr lang viermal die Woche entweder eine Stunde Tai-Chi oder Aerobics, jeweils standardisiert und unter der Aufsicht eines professionellen Trainers.
Nach 12 Monaten hatten beide Gruppen von einer Reduktion des systolischen und diastolischen Blutdrucks profitiert. Die mittlere Senkung des SBP war -7,01 (± 10,12) mmHg in der Tai-Chi-Gruppe versus -4,61 (± 8,47) mmHg unter Aerobic. Der Vorteil für die Tai-Chi-Gruppe Gruppe zeigte sich auch im diastolischen Blutdruck, allerdings nicht signifikant (-3,73 ± 6,21 versus -2,6 ± 6,54), und war auch in der 24-Stunden- und nächtlichen Blutdruckmessung deutlich. Nach 12 Monaten hatten 21,8 % der Patienten in der Tai-Chi-Gruppe und 15,6 % in der Aerobic-Gruppe SBP- und DBP-Werte im Normbereich.
82,7 % der Studienteilnehmer blieben dem sportlichen Programm für 12 Monate lang treu, was an sich schon ein Zeichen der Bereitschaft zu einer gesunden Lebensweise ist. Die Studie kam – wie kann es anders sein – aus China. Tai-Chi ist dort natürlich viel mehr kulturell etabliert als dies in westlichen Ländern der Fall ist. Tai-Chi fokussiert auf langsame und flüssige Bewegungsabläufe und ist deshalb für alle Altersstufen geeignet, ohne wesentliche Belastungen für Knochen und Gelenke. Eine mögliche Erklärung für den blutdrucksenkenden Effekt könnte in der Reduzierung des Sympathikotonus liegen. Die tiefe und kontrollierte Atmung stimuliert den Parasympathikus und die Muskelspannung fördert die Durchblutung.
Prähypertonie betrifft 25–50 % der Erwachsenen weltweit und stellt einen kardiovaskulären Risikofaktor dar. Wie immer bei relativ kurzfristigen Beobachtungszeiten und Studien mit Surrogat-Parametern als Zielkriterien, bleibt auch hier die Frage offen, inwieweit sich die beobachtete Drucksenkung auf eine spätere Inzidenz einer manifesten Hypertonie und konsequenterweise auf kardiovaskuläre Ereignisse auswirkt. Nachgewiesen sind jedenfalls verschiedene positive Effekte des Tai-Chi auf Gleichgewicht, Sturzprävention, und kognitive Funktion.
Eins zu null für Tai-Chi heißt nicht, dass Aerobics schon verloren hat. Für diejenigen, die sich mit den Zeitlupen-Bewegungen nicht anfreunden können, heißt es: Jeder Sport ist besser als gar keine Bewegung.
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