Mithilfe der Messung des Wärmeflusses können aktive Stoffwechselkräfte einzelner Zellen gemessen werden. Wozu solche Erkenntnisse nützlich sind, lest ihr hier.
Entropie wird oft mit Unordnung und Chaos assoziiert, aber in der Biologie steht sie im Zusammenhang mit der Energieeffizienz und ist eng mit dem Stoffwechsel verbunden. Ein internationales Forscherteam hat nun eine neuartige Methode zur Messung der Entropieproduktion auf der Skala eines Nanometers entwickelt. Der neue Ansatz ermöglichte es den Wissenschaftlern, den Wärmefluss, die so genannte Entropieproduktionsrate, einzelner roter Blutkörperchen zu messen. Die Forschungsergebnisse wurden in Science veröffentlicht.
Die Forscher verwendeten eine neue Methode, um den Wärmefluss der aktiven Stoffwechselkräfte im Inneren der roten Blutkörperchen zu messen, indem sie die zunehmende Entropie durch einfache Beobachtung der kontinuierlichen und unregelmäßigen Fluktuationen der Membran der roten Blutkörperchen quantifizierten. Um sicherzustellen, dass dieser Ansatz funktioniert, haben die Forscher auch komplexere Ansätze entwickelt, bei denen kleine, mikrometergroße Partikel auf die Membran geklebt wurden. Mit diesen wurde nicht nur die Fluktuationen der Membran gemessen, sondern es konnten auch winzige Kräfte ausgeübt werden. Diese wiederum wurden durch die Beleuchtung der Partikel erzeugt.
Solche kolloidalen Partikel – kleine feste Teilchen, die in einer flüssigen Phase suspendiert sind – eignen sich hervorragend, um die Bewegung der Membran von lebenden Zellen zu messen und zu manipulieren. Für ihre Berechnungen mit echten roten Blutkörperchen nutzten die Forscher experimentelle Ansätze, die auf direkter optischer Manipulation der Membran, aber auch auf optischer Abtastung und ultraschneller Live-Imaging-Mikroskopie basieren. „Wir haben ein Experiment entwickelt, bei dem wir die Zellen mit Photonen, also Licht, so sanft halten, dass der empfindliche Wärmefluss durch das Licht nicht gestört wird, aber dennoch stark genug ist, um seine Auswirkungen zu messen“, sagt Prof. Timo Betz vom Institut für Biophysik in Göttingen.
„Wärme ist ein Symptom für die Gesundheit von Zellen, und diese Erkenntnis könnte neue Wege zur Bestimmung der Gewebegesundheit eröffnen“, erklärt der leitende Forscher Prof. Felix Ritort vom Institut für Nanowissenschaften und Nanotechnologie der Universität Barcelona. Er fügt hinzu: „Die Charakterisierung der Entropieproduktion in lebenden Systemen ist entscheidend für das Verständnis der Effizienz von Energieumwandlungsprozessen.“
Es besteht großes Interesse an der Messung der Entropieproduktion in physikalischen und biologischen Systemen, da sie für so viele andere Systeme relevant ist. „Dieser Durchbruch hat weitreichende Auswirkungen auf unser Verständnis von Stoffwechsel und Energietransport in lebenden Systemen“, sagt Betz. „Darüber hinaus könnten sich diese Erkenntnisse als nützlich für Anwendungen in Gesundheit und Medizin erweisen oder den Weg zur Entwicklung neuer intelligenter Materialien weisen, die eine kontrollierte Entropieproduktionsrate nutzen, um auf kleine äußere Reize zu reagieren.“
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Göttingen. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: Marc Szeglat, Unsplash