Krankenkassen machen „nur“ 1,9 Milliarden Euro Minus, die DKG kontert Lauterbachs AfD-Vergleich und eine Studie zeigt Einfluss von Multimorbidität bei Schizophrenie-Patienten. Das und mehr in unserem Schnelldurchlauf.
1,9 Milliarden statt erwarteter 17 Milliarden Euro macht das Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherungen für 2023 aus. Gleichzeitig betragen auch die Reserven der Kassen mit 8,4 Milliarden Euro, bzw. 0,3 Monatsausgaben, das 1,5-fache von den gesetzlich geforderten 0,2 %.
Ein Grund für das nun noch verbleibende Defizit sei laut Bundesministerium die Abgabe von 2,5 Milliarden Euro der Kassen an den Gesundheitsfond. Dieser weist für 2023 weiterhin ein Defizit von 3,3 Milliarden Euro – bei einer Liquiditätsreserve von 9,4 Milliarden Euro (Stand 15. Januar 2024).
Leises Schulterklopfen vernimmt man derweil aus dem Bundesministerium, das den Finanzstand als Erfolg des Finanzstabilisierungsgesetzes versteht: „Die vorläufigen Jahresrechnungsergebnisse der Krankenkassen für 2023 machen deutlich, dass es uns mit dem Finanzstabilisierungsgesetz gelungen ist, die Finanzlage der GKV zu stabilisieren. Das verbleibende Defizit der Krankenkassen in 2023 ist aufgrund der Abführung von Kassenvermögen an den Gesundheitsfonds erwartet worden. Die Krankenkassen haben damit einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung der GKV-Finanzen geleistet.“
Bereinigt um die zusätzliche Finanzunterstützung durch den Gesundheitsfond im vergangenen Jahr macht das Ministerium aber darauf aufmerksam, dass die Kassen bei einem Anstieg von 0,9 % an Versicherten einen Ausgabenzuwachs von 5 % verzeichnen. Damit steigen die Ausgaben für Sach- und Verwaltungskosten schneller als gedacht. Die am stärksten wachsenden Leistungen der Kassen befinden sich jedoch in den Bereichen Schutzimpfungen + 13,6 %) und häusliche Krankenpflege (+ 12,2 %).
Die Kassen selbst tragen das Loblied aus Berlin derweil nicht weiter. Der AOK-Bundesverband erklärt derweil: „Statt die GKV-Finanzlage weiter schönzufärben, sollte sich die Ampel endlich an ihr Stabilisierungsversprechen zur nachhaltigen Finanzierung erinnern und nicht noch zusätzliche Milliarden-Belastungen auf Beitragszahlende und Arbeitgeber abwälzen.“
Während auch das BMG sich weiterer und kontinuierlicher Arbeit bewusst ist, betont AOK-Sprecher Florian Lanz: „Die wirksamsten Hebel hierfür sind bekanntlich kostendeckende Pauschalen für Bürgergeld-Beziehende, eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel sowie eine durchgreifende Krankenhausreform.“
Insgesamt leben hierzulande 11 Millionen Menschen mit Diabetes – eine Dunkelziffer von rund 2 Millionen Menschen, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen, eingerechnet.
Mit 7,29 Millionen Fällen in 2022 leidet das Gros der Menschen an Typ-2-Diabetes. Laut aktuellem Diabetes-Atlas ist das ein Zuwachs von 95.450 Personen allein im Vergleich zum Vorjahr 2021. Mit Blick auf den 10-Jahres-Vergleich ist der Anteil an der Gesamtbevölkerung von 8,04 auf 8,65 % gestiegen – Tendenz weiter steigend.
„Deutschland scheint die Zuckerkrankheit nicht in den Griff zu bekommen. Der nationalen Diabetes-Strategie muss endlich mehr Bedeutung zukommen. Sie soll den Menschen helfen, durch einen gesunden Lebensstil diese Krankheit zu vermeiden oder zumindest ihre Auswirkungen zu lindern“, so Prof. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER.
Auffällig laut Arztreport ist im aktuellen Zeitraum zudem der regionale Unterschied in der Verbreitung. Während in Hamburg der Bundesdurchschnitt mit 6,1 % am weitesten unterschritten wird, verzeichnet Ostdeutschland den höchsten Anteil an Betroffenen in der Bevölkerung. Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt, wo 13,4 % der Einwohner an Diabetes leiden.
Ein anderer Punkt des Reports: Immer mehr junge Menschen leiden auch an Altersdiabetes. So ist die größte Steigerungsrate bei den 40- bis 49-Jährigen zu verzeichnen – hier stieg der Anteil von 3,4 auf 3,9 %. Bei den 70- bis 79-Jährigen stieg der Anteil von 24,5 auf 25,9 % – bei den 80- bis 89-Jährigen von 27,1 auf 29 %.
Auf der einen Seite stehen Krankenhäusler samt Protestplakaten mit Aufschriften wie „Wenn Lauterbach so weitermacht, gibt’s hier bald keinen Nachwuchs mehr“ oder „Wenn Lauterbach so weitermacht, wird es knapp für die Patienten in der Notaufnahme“.
Auf der anderen Seite steht ein Minister, der sich für das aktuelle System nicht allein persönlich verantwortlich gemacht sehen will. Vor dem Hintergrund anderer Kundgebungen ließ er sich zu einem gewagten Vergleich hinreißen. „Mit dieser persönlichen unseriösen Hetzkampagne will der KrankenhausCheflobbyist @DKGev bald die Patienten verunsichern. Damit argumentiert man nicht differenzierter als die @AfD. Wir arbeiten Tag und Nacht um mit einer großen Reform das Krankenhaussterben abzuwenden.“ – so der Minister auf X.
Nachvollziehbarerweise möchte sich die Krankenhausseite nun nicht in die Ecke geschoben fühlen – und reagiert in Form eines offenen Briefs der Landeskrankenhausgesellschaften an den Minister. Danach sei „diese Entgleisung ein Tiefpunkt der ohnehin dauernden Diffamierung“.
„Wir respektieren jeden demokratischen Politiker. Das Besondere an Minister Lauterbach ist allerdings, dass er uns bewusst ausgrenzt in seinem politischen Handeln. Es gab bisher kein offizielles Gespräch, keine Einladung, nichts“, erklärt DKG-Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß dem SPIEGEL.
Angesprochen auf die entsprechenden Plakate entgegen Gaß: „Wir wollen die Öffentlichkeit wach rütteln, dass der kalte Strukturwandel zu riesigen Verwerfungen führen wird. […] Es geht nicht um Panikmache oder Verunsicherung, wir wollen einfach zeigen, was grade passiert.“
Den AfD-Vergleich nimmt Gaß fast schon persönlich: „Ja, das kränkt mich sehr. Ich bin seit Jahrzehnten aktiver Sozialdemokrat. Er diskreditiert mit so einer Aussage uns, aber auch Krankenhäuser, und drängt sie in eine Ecke, in die wir nicht gehören. Mit dem AfD-Vergleich schleudert er uns den Vorwurf der Hetze entgegen.“ Mit Blick auf den Hintergrund von Lauterbachs Aussage mutmaßt der Krankenhauschef derweil, dass er die DKG diskreditieren und so aus dem Diskurs um die Krankenhausreform werfen wolle – sei man doch selbst der stärkste Gegner des aktuellen Entwurfs.
Dass die Mediziner trotz allem letztlich mehr denn je gewillt und bereit für einen konstruktiven Dialog sind, zeigt der Brief ebenfalls, der mit den Worten endet: „Es liegt nun an Ihnen, dieses Angebot endlich aufzugreifen.“
Schizophrenie ist eines der häufigsten psychotischen Krankheitsbilder – allein in Deutschland sind rund 800.000 Menschen betroffen. Damit ist die Krankheit etwa genauso häufig wie chronisches Rheuma. Schizophrene Patienten leiden aber nicht nur unter den krankheitsspezifischen Symptomen, sondern auch unter einer deutlich geringeren Lebenserwartung verglichen mit der Allgemeinbevölkerung – im Durchschnitt um ungefähr 25 Jahre. Die Hauptgründe: Suizide und kardiovaskuläre Erkrankungen.
Eine aktuelle Studie, die im Journal of the American Heart Association veröffentlicht wurde, hat sich nun angesehen, wie stark Schizophrenie und kardiovaskuläre Ereignisse – genauer: Herzinfarkt, Angina pectoris, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und pulmonale Thromboembolie – zusammenhängen und welche Rolle das Geschlecht dabei spielt. Dafür analysierten die Forscher Daten von 4.124.508 Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren ohne kardiovaskuläre Krankheiten in ihrer medizinischen Vorgeschichte. „Sowohl bei Männern als auch bei Frauen wurde ein signifikanter Zusammenhang zwischen Schizophrenie und einem höheren Risiko für zusammengesetzte CVD-Ereignisse festgestellt, wobei bei Frauen ein stärkerer Zusammenhang beobachtet wurde“, fassen die Studienautoren ihre Ergebnisse zusammen.
Schizophrenie tritt generell bei Männern häufiger und früher im Leben auf als bei Frauen und die Mortalitätsraten von CVD-Ereignissen sind bei Männern ebenfalls höher als bei Frauen. Trotzdem konnten die Forscher feststellen, dass die Kombination aus Schizophrenie und kardiovaskulären Erkrankungen besonders Frauen betrifft. „Wir betonen die Bedeutung eines gründlichen, geschlechtsspezifischen Ansatzes bei der Prävention und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen angesichts der bedeutenden Rolle der Schizophrenie bei der Entstehung der einzelnen kardiovaskulären Folgen“, so die Studienautoren.
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