Eine aktuelle Studie legt nahe, dass psychische Probleme durch die Menopause nicht vermehrt auftreten. Welche Ursachen stattdessen hinter den depressiven Symptomen in der Menopause stecken könnten, lest ihr hier.
Die Menopause steht seit langem im Verdacht, psychische Probleme zu verursachen, doch eine neue Studie legt nahe, dass dies nicht immer der Fall ist. Die Studie ist die dritte in einer Reihe von Artikeln zum Thema Wechseljahre, die im Fachmagazin The Lancet veröffentlicht wurden. Die Autoren fanden darin keine Beweise dafür, dass die Wechseljahre generell ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen – einschließlich depressiver Symptome, schwerer Depression, Angstzuständen, bipolaren Störungen und Psychosen – bei allen Frauen mit sich bringen.
Die Forscher fanden jedoch heraus, dass bestimmte Gruppen in den Wechseljahren ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen haben: Personen, die schon einmal eine Depression erlebt hatten, deren Schlaf durch nächtliche Hitzewallungen stark gestört ist oder die gleichzeitig mit dem Einsetzen der Wechseljahre ein belastendes Lebensereignis hatten, berichteten mit größerer Wahrscheinlichkeit über depressive Symptome.
Ebenso wie die negativen Erwartungen, die manche Menschen haben, wenn sie kurz vor der Menopasue stehen, könnte die potenziell falsche Annahme, dass psychische Probleme und psychiatrische Störungen mit den Wechseljahren zusammenhängen, Frauen schaden, indem sie eine genaue Diagnose und Behandlung verzögern, so die Forscher.
„Die Botschaft, die Frauen und ihre Ärzte mitnehmen sollten, ist, dass wir nicht davon ausgehen sollten, dass – wenn jemand während des Übergangs zur Menopause psychische Symptome hat – diese beiden Dinge miteinander zusammenhängen“, sagt Hadine Joffe, Mitautorin der Studie, vorübergehend Vorsitzende der Abteilung für Psychiatrie und Geschäftsführerin des Connors Center for Women‘s Health am Brigham and Women‘s Hospital „Wir wollen die Tatsache nicht entkräften, dass einige Menschen während des Übergangs zur Menopause psychische Beschwerden haben werden, aber es ist nicht garantiert“.
Der Übergang in die Wechseljahre kann vier bis zehn Jahre dauern und beginnt im Durchschnitt mit 47 Jahren. Obwohl die Wechseljahre aufgrund der Hormonschwankungen oft als emotional belastend empfunden werden, fällt dieser Lebensabschnitt auch mit erheblichen Belastungen und Lebensereignissen in der Mitte des Lebens zusammen, wie zum Beispiel Veränderungen in der Beziehung oder am Arbeitsplatz, so dass es schwierig ist, den relativen Beitrag dieser Faktoren zu ermitteln.
Um zu untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Übergang in die Wechseljahre und psychischen Erkrankungen gibt, werteten die Forscher frühere Studien aus, in denen das Auftreten von depressiven Symptomen, schweren depressiven Störungen, Angstzuständen, bipolaren Störungen und Psychosen in den Wechseljahren untersucht wurde. Sie legten mehr Gewicht auf prospektive Studien, die die psychische Gesundheit vor der Menopause sowie während oder nach dem Übergang untersuchten.
Sie stellten fest, dass einige Studien zwar einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten depressiver Symptome und der Menopause zeigten, dass aber schwerere klinische Depression während der Menopause nur bei Personen auftraten, bei denen zuvor eine solche Erkrankung diagnostiziert worden war. „Wenn Sie noch nie eine schwere Depression hatten, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Sie während des Übergangs zur Menopause zum ersten Mal eine klinische Depression erleben“, sagt Joffe.
Die Forscher fanden keine zwingenden Beweise dafür, dass das Risiko für Angstzustände, bipolare Störungen oder Psychosen während des Übergangs zur Menopause generell erhöht ist, obwohl es nur wenig Literatur über Zusammenhänge zwischen diesen Erkrankungen und der Menopause gibt.
Da die meisten Studien zur Menopause in Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt wurden, ist unklar, wie sich diese Ergebnisse auf Regionen mit niedrigerem und mittlerem Einkommen übertragen lassen. Es ist auch wenig darüber bekannt, wie sich die Wechseljahre auf Transgender und geschlechts-diverse Personen auswirken.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Hormontherapie keine geeignete Erstbehandlung für eine klinische Depression in den Wechseljahren ist, so die Forscher. Stattdessen sollten Ärzte bei Patienten mit psychischen Symptomen in den Wechseljahren deren Hintergrund, frühere psychische Diagnosen und die aktuelle Lebenssituation berücksichtigen.
„Wir haben in den Medien ein negatives Bild von der Menopause, aber ohne einen Blick auf die psychische Gesundheit vor den Wechseljahren zu werfen, ist es sehr schwierig zu verstehen, was biologisch mit der Menopause zusammenhängt und was eher eine Lebensphase oder ein Lebensweg ist“, sagt Joffe. „Mediziner müssen darüber nachdenken, was vorher passiert ist, denn eine Depression kann mit den Wechseljahren zusammenfallen, aber nicht damit zusammenhängen.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung Mass General Brigham. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Getty Images, Unsplash