Ein neues Antibiotikum gegen Harnwegsinfekte und Gonorrhö, eine neue Empfehlung für Influenza-Vakzine und ein möglicher Zusammenhang zwischen Herpes und Demenz. Das und mehr gibt’s in unserem Infektio-Update.
Menschen, die mit Herpes-simplex-Virus-1 (HSV-1) infiziert sind, haben ein doppelt so hohes Risiko an Demenz zu erkranken, wie HSV-1-freie Personen. Das zeigt eine neue Studie aus Schweden, die im Journal of Alzheimer’s Disease veröffentlicht wurde. Für die Studie wurden 1.002 70-jährige Schweden ohne diagnostizierte Demenzerkrankung rekrutiert und 15 Jahre lang beobachtet. Im Verlauf entwickelten 4 % der Probanden eine Alzheimer-Demenz und 7 % eine allgemeine Demenz. Bei 82 % konnte Anti-HSV-IgG nachgewiesen werden, von diesen erhielten 6 % eine Behandlung für HSV.
Die statistische Analyse ergab, dass das Risiko, an einer allgemeinen Demenz zu erkranken, für HSV-1-Infizierte 2,26-mal so hoch war, wie für Menschen ohne HSV-1-Infektion. Allerdings war das Risiko für eine Alzheimer-Demenz nicht signifikant erhöht, ebenso hatte eine mögliche HSV-Behandlung keinen Einfluss. In der Studie wurden auch mögliche Auswirkungen von HSV-2 sowie von Zytomegalievirus untersucht, allerdings wurde auch hier keine signifikante Assoziation gefunden.
Die Studie kommt mit einigen Limitationen, wie Erstautorin Erika Vestin erklärt: „Wir haben immer noch keine Antworten auf die kausalen Mechanismen dieser Verbindung, ob das Virus die Krankheit verursacht oder ob es eine indirekte Verbindung gibt. Außerdem muss der Zusammenhang noch in verschiedenen sozialen und ethnischen Gruppen untersucht werden, und die möglichen Auswirkungen von Herpesmedikamenten auf das Demenzrisiko müssen in Arzneimittelstudien untersucht werden.“
Durch sich ausbreitende Antibiotika-Resistenzen wird es immer schwerer, Harnwegsinfektionen zu behandeln. Beispielsweise wurde Fluorchinolon früher regelmäßig bei Harnwegsinfektionen eingesetzt, heutzutage wird auf den Gyrase-Hemmer wegen mehrerer Resistenzen meist verzichtet. Nun gibt es möglicherweise einen neuen Gyrase-Hemmer, um die entstandene Lücke zu füllen: Gepotidacin. Es hat einen anderen Angriffspunkt als Fluorchinolonen, weshalb es nicht von den vorhandenen Resistenzen betroffen ist und es wirkt gegen zwei Varianten des Enzyms, was die Bildung neuer Resistenzen erschweren könnte.
In zwei randomisierten Phase-III-Studien erhielten insgesamt 1.572 junge Frauen mit unkomplizierter Harnwegsinfektion über fünf Tage oral 1.500 mg Gepotidacin in zwei Dosen täglich. Sie wurden verglichen mit 1.564 Teilnehmerinnen, die das aktuell gängige Medikament Nitrofurantoin (oral 100 mg täglich, in zwei Dosen) für fünf Tage einnahmen. Dabei schnitt Gepotidacin sogar besser ab als sein Konkurrent: Die Heilungsrate lag bei 50,6–58,8 %, verglichen mit 47,0–43,6 % bei Nitrofurantoin.
Darüber hinaus scheint Gepotidacin auch gegen Gonorrhö zu helfen – eine weitere bakterielle Erkrankung, deren Behandlung durch vermehrte Resistenzen immer schwieriger wird. In einer Studie mit 621 Jugendlichen und Erwachsenen mit unkomplizierter Gonorrhö schnitt Gepotidacin genauso gut ab, wie die gängige Therapie aus Ceftriaxon plus Azithromycin.
Mehrere südamerikanische Länder haben für einen Großteil ihrer Gebiete den Notstand ausgerufen. Der Grund: Rasant steigende Dengue-Infektionen. Besonders betroffen ist Brasilien. Das Land verzeichnete im Januar und Februar diesen Jahres bereits über 1 Millionen bestätigte oder wahrscheinliche Fälle – das ist fünf-mal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Und 2023 war bereits ein Rekordjahr für Südamerika mit insgesamt über 4,5 Millionen Infektionen.
Als Grund für das starke Infektionsgeschehen werden von Experten besonders die heftigen Regenfälle und hohen Temperaturen genannt. Das ist eine ideale Kombination für die Vermehrung der Dengue-übertragenden Mücke Aedes aegypti – und eine Folge des Klimawandels. „Viren, die von Stechmücken übertragen werden, sind hervorragende Indikatoren für die Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit“, erklärt Thais dos Santos, Regionalberaterin der panamerikanischen Gesundheitsorganisation. „Wir sehen längere Übertragungszeiträume und Übertragungen in Gebieten, die bisher Dengue-frei waren.“
Brasilien versucht dem Ausbruch mit vermehrten Impfungen und Mückenbekämpfungs-Kampagnen entgegenzuwirken. Dennoch fürchten Experten, dass sich das Virus aufgrund des Klimawandels auch in Zukunft weiter ausbreiten wird.
Die WHO hat ihre Empfehlung für den Influenza-Impfstoff für die Saison 2024/2025 auf der nördlichen Hemisphäre veröffentlicht. Das Besondere: Erstmals rät die WHO von dem Einsatz der Komponente B/Yamagata bei tetravalenten Impfstoffen ab. Diese Influenza-Variante wurde seit März 2020 nicht mehr nachgewiesen und es wird vermutet, dass sie im Zuge der Corona-Pandemie-Maßnahmen eradiziert wurde.
Auch mehrere Experten hatten den Verzicht auf B/Yamagata in einem Beitrag im New England Journal of Medicine gefordert. Die Komponente habe keinen zusätzlichen Nutzen mehr. Stattdessen bestehe sogar die Gefahr, dass die attenuierten Viren bei der Impfstoffherstellung wieder in den Wildtyp mutieren, bevor sie inaktiviert werden.
Die WHO kann nur Empfehlungen aussprechen, es bleibt den nationalen Behörden überlassen, ob sie zu dem trivalenten Impfstoff zurückkehren wollen. Die WHO rät, wenn Behörden entscheiden, ein tetravalentes Vakzin zu nutzen, als vierte Komponente B/Phuket/3073/2013 zu verwenden. Dieses ist mit B/Yamagata verwandt.
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