Eine junge Elitesportlerin leidet wochenlang unter zunehmenden Brustschmerzen, doch Röntgenbild und EKG sind unauffällig. Was steckt hinter ihrem Schmerz?
Sportarten mit wiederholten Kontraktionen der Rumpfmuskulatur können die Rippen enorm in Mitleidenschaft ziehen. Rippenfrakturen sind aber selten. In einem Fallbericht, der in Sage Open Medical Case Reports veröffentlicht wurde, wird ein Fall einer Rippenermüdungsfraktur aufgrund eines Mikrotraumas nach Bankdrücken vorgestellt. Bei der Patientin handelt es sich um eine 24-jährige Elite-Sprinterin, die auf nationaler Ebene an Wettkämpfen teilnahm.
Die Patientin unterzog sich drei Monate lang einer konservativen Therapie wegen einer rechten Achillessehnenentzündung. Während der Rehabilitationsphase steigerte sie aufgrund ihrer Verletzung an den unteren Gliedmaßen die Intensität des Trainings für die oberen Gliedmaßen – unter anderem durch Bankdrücken. Die Patientin absolvierte ursprünglich das ganze Jahr über wöchentlich Bankdrückübungen. „Während dieser Rehabilitationsphase steigerte sie aber die Häufigkeit der Bankdrückübungen von einmal pro Woche auf dreimal pro Woche“, schreiben die Studienautoren. Die Belastung betrug dabei laut den Autoren ca. 55 kg – dem ungefähren Eigengewicht der Patientin, bei einer Intensität von 6–8 Wiederholungen und 4–6 Sätzen. „Darüber hinaus modifizierte sie die Hebetechnik beim Bankdrücken, indem sie die Hantel zur Unterstützung beim Heben auf den Brustkorb hüpfen ließ“, so die Autoren.
Ungefähr zwei Wochen nach der Umsetzung dieser Änderungen verspürte die Patientin allmählich fortschreitende Beschwerden im rechten vorderen Brustbereich, die sich durch Niesen verschlimmerten. Sie suchte zunächst ihren Hausarzt auf. Da es weder im Röntgenbild noch im Elektrokardiogramm auffällige Befunde gab, setzte sie noch einige Wochen das Bankdrücken fort. Als sich ihre Schmerzen zunehmend verschlimmerten, besuchte sie ein Krankenhaus zur weiteren Untersuchung.
Die junge Patientin wog zu dem damaligen Zeitpunkt 53,3 kg bei einer Körpergröße von 1,61 m – das entspricht einem Body-Mass-Index (BMI) von 20,4. Mit Blick auf ihre Krankenvorgeschichte stellten die behandelnden Ärzte fest, dass sie zuvor noch keine Rippenfraktur erlitten hatte. Jedoch berichtete sie von einer Ermüdungsfraktur des linken Os naviculare, welche ungefähr ein Jahr zuvor diagnostiziert wurde. Die Patientin war zudem in Behandlung wegen sekundärer Amenorrhoe, da die Menstruation vor dem Einsetzen der Brustschmerzen drei Monate lang ausgeblieben war.
Bei der Untersuchung der Patientin berichtete diese von Schmerzen im rechten Brustbereich (Musculus pectoralis major) beim Springen sowie beim Vorbeugen des Rumpfes. Beim Abtasten der Brustmuskulatur konnte jedoch kein lokalisierter Bereich mit Druckempfindlichkeit aufgefunden werden. Die Ärzte ordneten daraufhin eine Computertomographie an – diese zeigte eine Fraktur im anterolateralen Teil der fünften Rippe der rechten Körperseite. Gleichzeit gab das CT den Hinweis auf eine überwiegend pleuraseitige Kallusbildung (Abbildung 1 und 2). Auffallend dabei: die Stelle des Rippenbruchs entsprach dem Bereich, auf welchem die Hantel beim Bankdrücken die Brust berührte.
Bruch der rechten fünften Rippe mit überwiegender Kallusbildung auf der Pleuraseite (Pfeile) in der Thorax-Computertomographie. Credit: Fukuda et al.
Bei der Patientin wurde eine Rippenstressfraktur diagnostiziert. Diese entstand durch ein wiederholtes stumpfes Trauma, ausgelöst durch die äußeren Druckkräfte auf den Brustkorb. Die Ärzte beschlossen zunächst eine konservative Therapie einzuleiten: Die Patientin sollte das Bankdrücken eingestellen, stattdessen wurden Sportarten wie stationäres Radfahren, Gehen und Übungen der unteren Extremitäten in den Trainingsplan der Patientin integriert. Ab der dritten Behandlungswoche durfte sie wieder Joggen.
Nachdem sich die Schmerzen auch beim Springen, Armschwingen und Rumpfbeugen reduzierten, konnte die Patientin ab der fünften Behandlungswoche wieder das Bankdrücken (15 kg Hanteln) in ihren Trainingsplan aufnehmen. Stück für Stück wurde das Trainingspensum wieder gesteigert, sodass die Patientin nach sechs Wochen (nach der Erstdiagnose) wieder zu ihrem ursprünglichen Trainingskonzept zurückkehren konnte. Komplikationen traten keine auf und auch die Symptome kehrten nicht zurück.
Die Patientin kehrte zum normalen Training zurück und nahm auch wieder an Wettkämpfen (zwei Jahre nach Erstdiagnose; inklusive regelmäßiger Nachuntersuchungen) teil. Dies geschah jedoch ohne abschließende bildgebende Untersuchung, welche die Knochenheilung hätte bestätigen können.
Die Autoren der Studie betonen „zwei wichtige Punkte. Erstens: Wenn Sportler über Brustschmerzen klagen, sollte ein Rippenbruch als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden – insbesondere, wenn sie Bankdrücken-Übungen gemacht haben. Zweitens: Die Verwendung von Hüpfbewegungen beim Bankdrücken kann Sicherheitsbedenken aufwerfen und das Risiko eines Rippenermüdungsbruchs erhöhen.“
Laut den Autoren sei die Rippenfraktur diesem Fall nicht auf ein einzelnes traumatisches Ereignis zurückzuführen, sondern das Ergebnis einer wiederholten Überbelastung und einer direkten Kompressionswirkung auf den Brustkorb. „In diesem Fall wurde ein Rippenbruch im anterolateralen Teil der Rippe beobachtet, der dem Bereich entsprach, in dem der Brustkorb die Hantel berührte. Darüber hinaus zeigte sich vor allem auf der Pleuraseite eine Kallusbildung, was auf eine wiederholte Kompression des Brustkorbs hinweisen könnte. Eine Ermüdungsfraktur infolge direkter Kompression des Brustkorbs bei sportlichen Aktivitäten ist bisher nicht dokumentiert“, heißt es in dem Fallbericht.
Obwohl mehrere Risikofaktoren vorhanden waren – z. B. das weibliche Geschlecht, eine frühere Ermüdungsfraktur, sowie eine sekundäre Amenorrhoe – wurde die Möglichkeit einer Rippenermüdungsfraktur zum Zeitpunkt der ersten Beurteilung der Brustschmerzen nicht in Betracht gezogen. Das deutet darauf hin, dass die diagnostische Genauigkeit einfacher Röntgenaufnahmen bei Rippenfrakturen nur gering ist und Rippenfrakturen so leicht übersehen werden. Die Sonographie hingegen könnte sich als ein nützlicheres Instrument eignen. Die Studienautoren betonen dabei, dass es allerdings schwierig sein könnte, die Kallusbildung auf der Pleuraseite der Rippe zu erkennen. „Eine gründliche Anamnese, einschließlich einer Überprüfung aller früheren Erkrankungen und etwaiger Änderungen der Trainingstechniken zum Zeitpunkt des Auftretens der Symptome, erweist sich somit als wertvoll für die korrekte Diagnose.“
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