Selten geben Ärzte Leseempfehlungen – doch jetzt könnte sich das lohnen. Eine neue Patientenleitlinie fasst das Wesentliche zu Prävention und Therapie von Hypertonie zusammen. Warum die Lektüre auch für Ärzte interessant ist.
Weil etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland einen hohen Blutdruck haben, könnte die soeben erschienene Patientenleitlinie Bluthochdruck ein Megabestseller sein – wobei „Seller“ nicht stimmt, denn die Leitlinie kann man sich kostenlos herunterladen. Das Büchlein fasst die im vergangenen Jahr veröffentlichte Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Hypertonie allgemeinverständlich zusammen und es ist für alle empfehlenswert, die mehr über den Blutdruck wissen wollen – ob sie in Behandlung sind, oder nicht, ob sie selbst betroffen sind oder andere unterstützen wollen.
Das natürliche Habitat der Patientenleitlinie ist die Hausarztpraxis. Wann immer dort die Sprache auf den Bluthochdruck kommt, sollte den Patienten ein Zettel mit dem QR-Code zur Leitlinie überreicht werden. Für Patienten, die mit der ganzen Leitlinie möglicherweise überfordert sind, hält die AWMF auch 14 Patientenblätter bereit, die jeweils auf ein bis zwei Seiten eine eng begrenzte Frage beantworten, zum Beispiel „Was hat Salz mit dem Blutdruck zu tun?“, „Warum ist Bewegung gut für mich?“ oder „Was tun, wenn die Medikamente nicht wirken?“
An einem halben bis ganzen Tag hat man das Büchlein mit seinen 120 Seiten plus 30 Seiten Wörterbuch gründlich gelesen. Die Zeit ist allemal gut investiert.
Da der richtige systolische Zielwert in den Medien immer wieder ein Thema war, ist eine Tabelle besonders hilfreich, die unverändert aus der NVL übernommen wurde: Sie zeigt in einem Zielwertspektrum von 120 bis 160 mmHg für sieben Begleitumstände die Richtung an, in die sie den Zielwert verschieben. So tendiert eine hohe Lebenserwartung eher in Richtung 120 mmHg, ein geringes Risiko für weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen dagegen eher in Richtung 160 mmHg. Besonders mündige Patienten können damit selbst abschätzen, wie dringend eine medikamentöse Behandlung für sie wäre.
Ebenfalls Thema ist die Frage, wie anstrengend Sport sein muss, um den Blutdruck effektiv zu senken (DocCheck berichtete). Dazu heißt es: „Schon wenige Minuten (etwa 10 bis 15) tägliche intensive körperliche Bewegung wie schnelles Gehen, langsames Joggen oder Treppensteigen reichen aus.“ Die konkrete Frage, ob Tai Chi oder Aerobic besser ist, wird jedoch so nicht adressiert. Fazit: „Egal, für was Sie sich entscheiden: Es sollte Sie weder überlasten noch unterfordern. Vielen Menschen hilft es, wenn sie sich Ziele setzen, die sie gut erreichen können.“ So soll eine Patienteninfo sein: pragmatisch, praktisch, gut.
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