Viele Ärzte wissen wenig über die verschiedenen Formen der Sarkoidose. Was ihr beachten solltet und warum ihr euren Patienten oft die Angst vor der Erkrankung nehmen könnt, lest ihr hier.
Die Sarkoidose ist eine seltene Erkrankung, deren Ursachen immer noch nicht vollständig geklärt sind. Ältere Studien sprechen von 40–50 Erkrankten pro 100.000 Einwohner – neuere zuverlässige Daten gibt es nicht. Durch ihre verschiedenen Erscheinungsformen wird die Krankheit bei der Diagnosestellung leider nicht immer berücksichtigt. Grund genug, nochmal einen genaueren Blick auf die Sarkoidose zu werfen.
Die Sarkoidose, früher auch Morbus Boeck genannt, ist eine Erkrankung, bei der es zur Bildung von Granulomen im ganzen Körper kommt. Diese können dann zu Störungen der jeweiligen Organfunktionen führen. Es handelt sich um eine systemische Allgemeinerkrankung, die eine Reihe von Unterformen sowie verschiedene Verlaufsformen umfasst. Da unterschiedliche Organe betroffen sein können, verursacht sie eine Vielzahl von Beschwerden und Symptomen. Sarkoidose ist somit keine Lungenerkrankung und keine Autoimmunerkrankung, wie noch heute zuweilen fälschlich behauptet wird.
Grundsätzlich kann Sarkoidose in jedem Lebensalter auftreten, wobei eine Häufung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr besteht, Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen für das Auftreten der Krankheit sind bislang nicht bekannt. Experten gehen aber von folgendem Szenario aus: Ein bisher unbekannter Auslöser aktiviert das Immunsystem, was eine Abwehrreaktion im Körper auslöst. Dabei lagern sich Zellen des Immunsystems im Bindegewebe eines Organs ein. Das Ergebnis: Es bilden sich Granulome – also gutartige Knötchen.
Bei 90 % der Patienten sind Veränderungen im Röntgenbild der Lunge sichtbar (Lungensarkoidose), 25 % der Betroffenen weisen Hautveränderungen auf (Hautsarkoidose). Eine weitere Form ist Lupus pernio (Schwellung der Nasenspitze und seltener der Wangen), dazu kommen die kleinknotige Sarkoidose (Gesicht-, Stirn-, und Mundregion) sowie die plaqueförmige und knotige Sarkoidose (erhabener Hautfleck). Auch erwähnenswert sind die Augen-, Herz-, Knochen-, Leber-, Neuro- und Nierensarkoidose sowie die Sarkoidose im HNO-Bereich.
„Die große Herausforderung [bei der Sarkoidose] ist das ‚wann‘, ‚wie‘ und ‚wo‘ der Diagnose“, sagt Prof. Francesco Bonella von der Abteilung für interstitielle und seltene Lungenerkrankungen der Ruhrlandklinik der Universität Essen im Gespräch mit DocCheck. Besonders schwierig zu diagnostizieren seien komplizierte Sarkoidosen, bei denen Organmanifestationen außerhalb der Lunge vorliegen. Die Patienten sollten unbedingt zur Bestätigung der Diagnose in einem Referenzzentrum vorstellig werden, um weitere Organmanifestationen wie Herz, Auge oder Niere abzuklären und ein Therapiekonzept zu erhalten.
Besonders wichtig – neben der Diagnose – sei aber die Arzt-Patienten-Kommunikation, so Bonella. Denn viele Patienten würden bei den Worten „Sarkoidose“ und vor allem bei den Worten „seltene Krankheit“ Angst bekommen – obwohl diese oft unbegründet sei. „Sehr oft kommen Patienten unter Tränen zu uns“, sagt Bonella. Sie hätten Angst und könnten die Diagnose nicht zuordnen. „Dabei könnten Hausärzte den Patienten schon vorab mit nur ein, zwei Sätzen Sicherheit bieten. Beispielsweise können Ärzte ihren Patienten sagen, dass es sich um eine entzündliche Krankheit handelt, die bei den meisten Patienten nicht bösartig verläuft, die aber therapiert werden muss, wenn erhebliche Symptome oder funktionelle Einschränkungen auftreten.“
Wenn Ärzte die Patienten nicht in diesem frühen Diagnosestadium emotional abfangen können, „dann entsteht die Katastrophe“, so Bonella. „Die meisten Patienten mit Sarkoidose leiden unter Angstzuständen, Depression und Konzentrationsstörungen. Das sind generell Leute, die viel auf sich nehmen, bei denen das Immunsystem irgendwann unter Stress leidet und nicht mehr effektiv arbeitet. Die Sarkoidose ist aber keine klassische Autoimmunerkrankung, sondern eine Art von auto-entzündlicher Krankheit – ähnlich wie die Psoriasis.“ Das sollte den Patienten ins Bewusstsein gerufen werden. „Ich sehe darin die Gelegenheit, schon bei der Diagnose den Patienten zu helfen, in dem ein paar mehr beruhigende Informationen über die Krankheit mitgeteilt werden.“
Sarkoidose kann entweder akut oder chronisch verlaufen, weshalb verschiedene Therapien notwendig werden. Viele Betroffene benötigen auch gar keine Behandlung, da die Sarkoidose nach Monaten bis Jahren von alleine wieder verschwindet. Bei der akuten Sarkoidose werden nicht-steroidale Antiphlogistika eingesetzt, Kortisonpräparate hingegen nur bei stärksten Beschwerden. Als Alternative zu Kortison wurden auch schon verschiedenste zytotoxische Substanzen angewendet, jedoch gibt es keine Studien, die eine klare Indikation für die Anwendung aufzeigen. Bevorzugte Substanzen sind dabei Methotrexat, Azathioprin und Pentoxifyllin. Sie werden bei besonders schweren Verläufen eingesetzt und können – in Kombination mit Kortison – die benötigte Kortisondosis reduzieren. Des Weiteren veranschaulicht ein Fallbeispiel die erfolgreiche Behandlung einer Herzsarkoidose mit Anti-MAP-Antibiotikatherapie.
Ärzte sollten dabei aber nicht aus den Augen verlieren, dass es sich bei speziellen Ausprägungen – wie der Herzsarkoidose – durchaus um eine lebensbedrohliche Erkrankung handeln kann. Das Risiko einer Herzsarkoidose wird dadurch erhöht, dass bei Patienten ohne vorherige Sarkoidose-Diagnose kein Verdacht auf diese Erkrankung besteht. Die Krankheit wird auch aufgrund anderer Organbeteiligungen oft nicht diagnostiziert. In der Studie von Irina R. Stambu berichtet die Autorin beispielsweise von einem Patienten, der sehr auffällige Veränderungen im HRCT der Lunge aufwies, dies jedoch zuvor nicht untersucht wurde, da er über keine Atemwegsbeschwerden klagte.
Neben der Suche nach optimalen Modellen zur Diagnose, zum Verlauf und zur Behandlung, soll an dieser Stelle noch einmal abschließend auf die Bedeutung von Referenzzentren hingewiesen werden. Laut der Internetseite der Deutschen Sarkoidose Vereinigung gibt es davon in Deutschland neun Stück – deutlich zu wenige. Diese werden jedoch benötigt, um die Diagnose Sarkoidose zu bestätigen sowie weitere Untersuchungen durchzuführen und eine anschließende Therapie einzuleiten.
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