Frauen, die Calcium und Vitamin D supplementieren, haben ein niedrigeres Krebsrisiko, zeigt eine Studie. Aber das Ganze hat seinen Preis.
Vitamin D zählt zu den Blockbustern des Markts mit Nahrungsergänzungsmitteln. An der Frage, wer profitiert – und wer nicht – scheiden sich seit Jahren die Geister. Für mehr Evidenz sollte die Women’s Health Initiative (WHI) sorgen, die eine der größten jemals durchgeführten randomisierten, placebokontrollierten Studien zur Vitamin-D- und Calciumergänzung ist. Forscher wollten klären, wie sich Vitamin-D- und Calcium-Supplemente auf verschiedene Endpunkte, etwa Herzerkrankungen, Krebserkrankungen bzw. Osteoporose, auswirken. Das Besondere: Es handelte sich um eine randomisiert-kontrollierte Studie und nicht, wie etwa bei der oft zitierten Nurses’ Health Study, um eine prospektive Kohortenstudie.
Die ursprüngliche WHI-Studie begann in den frühen 1990er-Jahren und wurde 2005 abgeschlossen. Forscher randomisierten 36.282 postmenopausale Frauen ohne Brust- oder Darmkrebs in der Vorgeschichte. Ihre Probandinnen erhielten im Verhältnis 1:1 entweder Placebo oder 1.000 mg Calciumcarbonat (400 mg Calcium) plus 400 IE Vitamin D3 pro Tag.
Sowohl die bereits in 2006 publizierten Ergebnisse mit 7-jähriger Studiendauer als auch die Veröffentlichung in 2013 rund 5 Jahre nach der Intervention lieferten keine relevanten Ergebnisse zu wichtigen Endpunkten: zur Häufigkeit von Hüftfrakturen, Darmkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. zur Gesamtmortalität. Möglicherweise lag es daran, dass Probandinnen in beiden Gruppen weiterhin Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel einnehmen durften, unabhängig von ihrer Randomisierung. Doch dank der jahrzehntelangen Nachbeobachtung konnten Forscher erneut Daten auswerten – mit überraschendem Ergebnis.
Bei einer mittleren kumulativen Nachbeobachtungszeit von sage und schreibe 22,3 Jahren zeigte sich unter Supplementen ein Anstieg der kardiovaskulären Mortalität um 6 %. Gleichzeitig verringerte sich die Krebsmortalität um 7 %, was vor allem auf eine niedrigere Darmkrebsrate zurückzuführen ist.
Die Wissenschaftler fanden keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und der Gesamtmortalität.
Doch die ursprüngliche Problematik, dass Teilnehmerinnen beider Gruppen weiterhin Supplemente einnehmen durften, hat womöglich auch hier die Ergebnisse verzerrt. Um bessere Einblicke in die tatsächlichen Auswirkungen der Randomisierung zu erhalten, beschränkten die Autoren ihre Analyse auf Frauen, die kein Nahrungsergänzungsmittel unabhängig von der Randomisierung eingenommen hatten.
In der Gruppe mit ausschließlicher Supplementation nach der Randomisierung fanden sie einen Rückgang der Krebsinzidenz um etwa 11 % – statistisch signifikant – und einen Rückgang der Krebssterblichkeit um 7 %, was die Messlatte für statistische Signifikanz nicht erfüllte. Es gab keinen Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieser geringe Effekt reichte bei weitem nicht aus, um die Gesamtmortalität deutlich zu senken.
Der Benefit, nach dem Forscher über Jahrzehnte hinweg gesucht haben, bleibt vergleichsweise schwach. Die Studie lässt auch die Frage, welche Probandinnen wirklich einen Mangel hatten, offen: eine wesentliche Schwäche der Arbeit. Ärzten bleibt als Möglichkeit, Patientinnen erst nach voriger Kontrolle der Vitamin-D-Spiegel zu verordnen. Womöglich – aber diese Frage beantwortet die Studie nicht – profitieren Patientinnen mit erhöhtem Krebsrisiko von den kombinierten Nahrungsergänzungsmitteln.
Bildquelle: Sander Sammy, Unsplash