Forscher haben einen neuartigen Bakterien-Sensor entwickelt. Seine Oberflächen-Beschichtung sorgt dafür, dass spezifische Mikroorganismen an ihm kleben bleiben.
Je größer die Anzahl an Krankheitserregern, desto stärker das elektrische Signal, das der Chip erzeugt. Der Sensor, der von Forschern der Goethe-Universität Frankfurt und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt wurde, kann gefährliche Bakterien also nicht nur mit hoher Empfindlichkeit nachweisen, sondern auch ihre Konzentration bestimmen. Dieser Nachweis schädlicher Mikroorganismen ist immens wichtig – nicht nur in der Krankheitsdiagnostik, sondern etwa auch bei der Herstellung von Lebensmitteln. Die bislang verfügbaren Verfahren sind jedoch oft zeitaufwändig, erfordern teure Geräte oder lassen sich nur von Fachleuten durchführen. Außerdem können sie häufig nicht zwischen aktiven Bakterien und deren Zerfallsprodukten unterscheiden.
Die neu entwickelte Methode weist dagegen nur intakte Bakterien nach. Sie nutzt dazu aus, dass Mikroorganismen stets nur bestimmte Körperzellen befallen, die sie an einer Struktur aus speziellen Zuckermolekülen erkennen. Diese sogenannte Glykokalyx ist von Zelltyp zu Zelltyp verschieden. Sie dient den Körperzellen gewissermaßen als Ausweis. Möchte man ein bestimmtes Bakterium fangen, muss man daher nur die entsprechende Erkennungsstruktur in der Glykokalyx seiner bevorzugten Wirtszelle kennen und kann diese dann gewissermaßen als Köder benutzen.
Genau das haben die Forscher gemacht. „Wir wollten in unserer Studie einen bestimmten Stamm des Darmbakteriums Escherichia coli nachweisen“, erklärt Prof. Andreas Terfort vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Goethe-Universität. „Wir wussten, welche Zellen der Erreger normalerweise infiziert. Das haben wir genutzt, um unseren Chip mit einer künstlichen Glykokalyx zu überziehen, die die Oberfläche dieser Wirtszellen imitiert. An dem Sensor bleiben daher nur Bakterien von dem gewünschten E.-coli-Stamm kleben.“
E. coli verfügt über zahlreiche kleine Ärmchen, die sogenannten Pili. Mit ihnen erkennt das Bakterium die Glykokalyx seines Wirts und hält sich an ihr fest. „Die Bakterien binden mit ihren Pili gleich mehrfach an den Sensor; sie haften an ihm dadurch besonders stark“, sagt Terfort. Die künstliche Glykokalyx ist zudem chemisch so aufgebaut, dass Mikroben, die nicht über die passenden Ärmchen verfügen, von ihr abgleiten – ähnlich wie Gebratenes von einer gut gefetteten Pfanne. Das stellt sicher, dass wirklich nur die krankmachenden E.-coli-Bakterien festgehalten werden.
Doch wie lässt sich nachweisen, dass an der künstlichen Glykokalyx Bakterien hängen? „Wir haben die Zuckermoleküle an einem leitfähigen Polymer befestigt“, erklärt Sebastian Balser, Erstautor der Veröffentlichung und Doktorand bei Terfort. „Über diese ‚Drähte‘ können wir durch Anlegen einer elektrischen Spannung ablesen, wie viele Bakterien an den Sensor gebunden haben.“
Die Studie dokumentiert, wie gut das klappt: In ihr mischten die Forscher Erreger aus dem gesuchten E.-coli-Stamm in verschiedenen Konzentrationen unter harmlose E.-coli-Bakterien. „Unser Sensor konnte die schädlichen Mikroorganismen auch noch in sehr geringen Mengen nachweisen“, erklärt Terfort. „Er lieferte zudem umso stärkere Signale, je höher die Konzentration der gesuchten Bakterien war.“
Die Veröffentlichung ist zunächst einmal ein Nachweis, dass die Methode funktioniert. Im nächsten Schritt wollen die beteiligten Arbeitsgruppen untersuchen, ob sie sich auch in der Praxis bewährt. Es ist beispielsweise denkbar, sie in Regionen einzusetzen, in denen keine Krankenhäuser mit aufwändiger Labordiagnostik existieren.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Brando Makes Branding, Unsplash