Nachdem der medizinische Dienst der Krankenkassen von einem Großteil der IGeL abrät, haben Ärzte nun ein Alternativportal ins Leben gerufen. Dort sollen Mediziner ihre Selbstzahlerleistungen anbieten und in Kontakt mit den Patienten treten. Bislang wirkt die Website jedoch recht dünn.
Patienten mögen Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL: Recherchen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigten, dass die Angebote für Selbstzahler den Ärzten einen Umsatz von etwa 1,3 Mrd. Euro pro Jahr bescheren. Doch seit der Einführung von IGeL vor etwa 15 Jahren hagelt es auch immer wieder Kritik von Krankenkassen und Verbraucherschützern. Obwohl oder gerade weil IGeL bei den Patienten äußerst beliebt sind, warnt der BARMER GEK Verwaltungsrat vor diesen Zusatzleistungen: „Die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen beflügeln vor allem die Einkommensphantasien von Ärztinnen und Ärzten. Dabei sind etliche der Selbstzahler-Angebote wirkungslos, überflüssig und mitunter sogar richtig schädlich“, heißt es in einem Sitzungsprotokoll.
Auf der Webseite IGeL-Monitor, die vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. finanziert wird, erhielten bisher von 34 gelisteten Leistungen nur drei die Bewertung „tendenziell positiv“. Alle anderen IGeL wurden als „tendenziell negativ“, „negativ“ oder „unklar“ eingestuft, wenn die Studienlage nicht eindeutig war oder sich Nutzen und Schaden einer IGeL aufwogen. Das will eine Gruppe von Ärzten nun ändern: „Wir wollen die Freien Gesundheitsleistungen aus dieser negativen Darstellung herausholen“, so der Gynäkologe Dr. Gerd Merder von der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheit und Prävention e.V.. Dazu hat der Verein ein Internetportal namens free-med ins Leben gerufen, und die IGeL in die „Freien Gesundheitsleistungen“ (FGL) umgetauft. Über das Portal sollen Ärzte und Patienten Informationen über Selbstzahlerleistungen austauschen.
„Die Krankenkassen bedienen mit ihrem IGeL-Monitor ihre eigenen Interessen“, äußerte sich Mitinitiator Dr. Norbert Panitz zum „Konkurrenten“. Die Kriterien, die der IGeL-Monitor aufführe, stammten ausnahmslos aus der evidenzbasierten Medizin, die sich nirgendwo darstellen lasse, wenn es um das Individuum gehe. „Der Patient ist nicht das statistische Mittel, sondern ein Ergebnis seines ganz individuellen Lebensweges mit entsprechenden Störungen, die im Eventualfall auch zu Krankheiten führen. Darauf ist die Intervention des Arztes gerichtet und wir unterstützen das“, so Panitz weiter. Das gibt zu denken - denn auf evidenzbasierte Medizin schlagen sonst eher die Heilpraktiker ein, wenn es gilt, ihre umstrittenen Globuli zu verteidigen.
Anders als beim IGeL-Monitor sollen bei free-med Fachärzte zu Wort kommen, die idealerweise zu jeder der 417 IGeL bzw. FGL eine Beschreibung und eine Bewertung abgeben. Die Initiatoren legen viel Wert auf Offenheit, Transparenz und Dialog. Über das Forum des Portals können Patienten Zweifel und offene Fragen zu den Freien Gesundheitsleistungen im direkten Austausch mit den Ärzten und anderen Patienten klären. Um an Seriosität zu gewinnen, hat der Verein einen fachlichen und ethischen Verhaltenscodex eingeführt, an den sich alle teilnehmenden Ärzte halten müssen. Dazu gehören unter anderem folgende Punkte:
Ob dieser Ärztecodex ausreicht und das Portal von Ärzten und Patienten angenommen werden wird, ist offen. Denn nicht nur das Design der Website haut einen nicht um - bisher sind nur drei Ärzte registriert und die allermeisten der 417 aufgelisteten Freien Gesundheitsleistungen nicht beschrieben und kommentiert (Stand 04.08.14). Pranitz ist zuversichtlich und sieht in free-med eine Möglichkeit für Ärzte, über qualifizierte Beiträge sich selbst ein Zeugnis zu schreiben. Nun dann.