Die Hyperkaliämie stellt nicht nur Nephrolog:innen vor Herausforderungen, sondern auch viele Kardiolog:innen und Hausärzt:innen, da sie sich häufig asymptomatisch manifestiert und nur bei Routineuntersuchungen auffällt. Weltweit sind rund 2-3 % der Bevölkerung an einer Hyperkaliämie erkrankt.1
Allgemein wird unter Hyperkaliämie eine Elektrolytstörung verstanden, die sich durch eine Erhöhung der Serumkaliumwerte definiert. Ab einem Serumkaliumwert von 5,0 bis 5,4 mmol/l wird von einer milden Form der Hyperkaliämie gesprochen, bei Werten oberhalb von 6,5 mmol/l handelt es sich bereits um eine lebensbedrohliche Form der Hyperkaliämie, die dringend therapiert werden sollte.2
Durch kardiorenale Erkrankungen wie chronische Nierenkrankheit, KHK oder Herzinsuffizienz erhöht sich das Erkrankungsrisiko drastisch. Bei einer chronischen Nierenkrankheit liegt das Risiko mit circa 40 bis 50 % am höchsten1, gefolgt von Herzinsuffizienz mit 32,5 %4, Diabetes mit 15 %5 und Hypertonie mit circa 8-17 %6,7.
Werden die Therapien der genannten risikofördernden Krankheiten genauer betrachtet, wird deutlich, dass auch die Medikation Risiken birgt. Durch RAAS-Inhibitoren wird über mehrere Schritte auch die Elektrolytausscheidung beeinflusst. Demnach können ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker indirekt für eine Steigerung der Serumkaliumspiegel sorgen. Auch Diuretika aus der Gruppe der MRA und ARNi üben ähnliche Effekte aus. Problematisch wird es, wenn Sie nach der Diagnose einer Hyperkaliämie die Therapie mit diesen Medikamenten unterbrechen oder reduzieren. Wird die Therapie unterbrochen oder die Dosis reduziert, kann sich das Mortalitätsrisiko Ihrer Patient:innen auf das doppelte erhöhen.8
Stefan, 69 Jahre alt, leidet unter einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (NYHA-Klasse III), einer chronischen Nierenkrankheit Stadium 3b und ist zusätzlich Diabetiker des Typs II. Therapiert wird Stefan mit MRA, Betablocker, ACEi, SGLT-2i und einem Diuretikum. Bei den letzten zwei Kontrollterminen fiel auf, dass Stefans Kaliumwerte bei über 5,5 mmol/l lagen.**
Serumkaliumwerte von 5,5-5,9 mmol/l sprechen für eine mittelschwere Form der Hyperkaliämie. Wird eine Hyperkaliämie nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt, kann es in schweren Fällen möglicherweise zu vorübergehenden Lähmungen, Herzrhythmusstörungen oder zum Herzstillstand kommen.8,9 Durch die gleichzeitige Anwendung von MRA und ACEi steigt die Inzidenz einer Hyperkaliämie auf bis zu 40 % an*,10. Bei rund 50 % der Betroffenen wird nach der Diagnosestellung die Therapie mit MRA abgesetzt.11 Bleibt die Hyperkaliämie unbehandelt, wächst außerdem das Risiko für weitere Hyperkaliämie-Episoden.12
Ihr Wissensdurst ist noch nicht gestillt? Lesen Sie hier, welche Patient:innen besonders gefährdet für eine Hyperkaliämie sind.
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* Bei Patient:innen der NYHA-Klassen III oder IV unter hochdosierten MRA.
** Dieser Patientenfall ist ein fiktives Beispiel.
KHK = Koronare Herzkrankheit; RAASi = Renin-Angiotensin-Aldosteron-System; ACEi = Angiotensin-Converting-Enzyme-Inhibitor; ARB = Angiotensin-Rezeptor-Blocker; MRA = Mineralkortikoid-Rezeptorantagonist; ARNi = Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor; NYHA = New York Heart Association; SGLT-2i = Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitor.