Nie zuvor gab es mehr angestellte Ärzte, die Anzahl der Praxisinhaber stagniert. Außerdem arbeiten immer mehr Mediziner in Teilzeit – ihre Zahl stieg um ganze 235 Prozent. Ist das ein Grund zur Sorge?
Wagt man den Blick zurück und vergleicht mit Werten aus 2013 zeigt sich die Tendenz noch deutlicher – um 235 % ist die Zahl der Teilzeit-Beschäftigten gestiegen; mit mehr als 50.000 Ärzten haben sich auch die Anstellungsverhältnisse derweil verdoppelt. Insgesamt befanden sich 2023 187.441 Ärzte und Psychotherapeuten in der vertragsärztlichen Versorgung. Für das Gesamtplus von 1,2 % (2.134 Personen) gegenüber dem Vorjahr dürfen sich die Ärzte bei den Psychologischen Psychotherapeuten bedanken, die mit 3,4 % mehr Personen stärkeren Zulauf erhielten.
Der Grund für die Entwicklung liegt laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung in der Diskrepanz aus derzeitigen Rahmenbedingungen und Strukturen sowie den Wahlmöglichkeiten und Präferenzen der Nachwuchsmediziner.
„Junge Medizinerinnen und Mediziner können sich aussuchen, wo und wie sie arbeiten wollen. Im Prinzip stellt eine Niederlassung eine gute Option dar, um sowohl selbstständig arbeiten zu können als auch Familie und Beruf sinnvoll zu vereinbaren. Trotzdem ist die Gefahr eines Ausblutens der ambulanten Versorgung längst nicht gebannt. Unter den derzeitigen schlechten Rahmenbedingungen – wozu unter anderem überbordende Bürokratie und dysfunktionale Digitalisierung zählen –, dürfte es schwierig sein, selbst mit den kreativsten Förderprogrammen junge Kolleginnen und Kollegen für die Niederlassung zu begeistern“, erklärt KBV-Vorstandsvize Dr. Stephan Hofmeister.
Und dennoch braucht man angesichts der Entwicklung nicht den Teufel an die Wand malen, wie KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen meint: „Das Gesundheitswesen ist einer der wenigen Leuchttürme in unserem Land, noch funktioniert es sehr gut.“ Viel eher bedürfe es einer politischen Unterstützung, die die Tatsache auffängt, dass die neu hinzukommenden Teilzeitler keine in Rente gehende Vollzeitstelle auffangen können. „Wenn der Bundesgesundheitsminister – richtigerweise – davon spricht, die ambulante Versorgung stärken zu wollen, dann muss es darum gehen, die Rahmenbedingungen für die Praxen zu verbessern. Wir brauchen keine Versorgung light in sogenannten Gesundheitskiosken, sondern angemessene Strukturen für die Haus- und Facharztpraxen.“
Weitere positive Entwicklungen verzeichnen einzelne Fachgruppen. Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen beispielsweise Psychotherapeuten (plus 0,4 Prozent), Fachinternisten (plus 1 Prozent) und Hausärzte (plus 0,1 Prozent) durchaus Zuwächse. Auch nahm die Anzahl der Hausärzte erstmals seit 2016 wieder zu.
Daneben stieg auch der Frauenanteil bei Ärzten und Psychotherapeuten erneut. Erstmals stellten sie auch bei den Hausärzten (50,5 Prozent) und Augenärzten (50,3 Prozent) die Mehrheit.
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