„Die Ergebnisse waren überraschend eindeutig“ – so beschreibt der Studienleiter die Auswertung der Untersuchung, ob eine kathetergestützte Intervention dem operativen Herzklappenersatz überlegen ist. Findet die Antwort hier heraus.
Die deutschlandweite DEDICATE-DZHK6-Studie unter Federführung des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) zeigt, dass die schonendere kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose (TAVI) für Patienten mit niedrigem und mittlerem Operationsrisiko eine zusätzliche Behandlungsoption darstellt. Im Vergleich zum chirurgischen Aortenklappenersatz (SAVR) ist das Risiko mit Blick auf die Gesamtsterblichkeit und die Entwicklung von Schlaganfällen nach dem Eingriff etwa halb so hoch. Die Studie wurde im Fachmagazin New England Journal of Medicine veröffentlicht.
„Nach der Auswertung der Einjahresdaten konnten wir zeigen, dass die kathetergestützte Intervention dem operativen Klappenersatz gleichwertig ist. Dafür haben wir uns die Gesamtsterblichkeit und Schlaganfälle nach dem Eingriff als zentrale Kriterien in den beiden Patientengruppen angeschaut. Die Ergebnisse waren so überraschend eindeutig, dass sie die Therapie der Aortenklappenstenose auch bei jüngeren Patienten und solchen mit einem niedrigen Operationsrisiko künftig stark beeinflussen werden“, sagt Studienleiter Prof. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und wissenschaftlicher Berater des Davoser Forschungszentrums für Kardiologie der Kühne-Stiftung (Cardio-Care).
In der DEDICATE-DZHK6-Studie wurden die Sicherheit und Wirksamkeit des kathetergestützten sowie des chirurgischen Aortenklappenersatzes zur Behandlung einer Aortenklappenstenose bei Patienten mit mittlerem bis niedrigem operativen Risiko verglichen. Es sollte die Frage beantwortet werden, welches der beiden Verfahren die bessere Versorgungsform für diese Patientengruppe darstellt.
Im Zeitraum von Mai 2017 bis September 2022 wurden an 38 deutschen Herzzentren insgesamt 1.414 Patienten in die industrieunabhängige Studie eingeschlossen, deren Nachbeobachtungszeitraum auf fünf Jahre ausgelegt ist. Die für die Studie ausgewählten Patienten wurden per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt und erhielten entweder einen kathetergestützten Aortenklappenersatz oder einen chirurgischen Klappenersatz. Das Durchschnittsalter betrug 74 Jahre, 57 Prozent der Teilnehmenden waren Männer. Um in der DEDICATE-Studie die klinische Versorgungsrealität in Deutschland abzubilden, konnten die Heart Teams der jeweiligen Klinik innerhalb der beiden Studiengruppen über die Behandlungsdetails wie Klappenauswahl selbst entscheiden.
Die Forscher stellten im Rahmen der Studie fest, dass bei Patienten mit kathetergestützter Therapie die Gesamtsterblichkeit und das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, ein Jahr nach dem Eingriff um 47 Prozent geringer lag als bei Patienten mit chirurgischem Aortenklappenersatz. Daher stellt die kathetergestützte Therapie der Aortenklappenstenose auch bei Patienten mit mittlerem bis niedrigem operativen Risiko eine gute Behandlungsoption dar. Ebenso konnten die Patienten nach der kathetergestützten Therapie das Krankenhaus schneller verlassen und wiesen insgesamt eine bessere Lebensqualität auf
„Wir werden künftig noch analysieren, ob bestimmte Untergruppen besondere Risiken oder Vorteile aus dem einen oder anderen Ansatz ziehen konnten“, sagt Studienkoordinator Prof. Moritz Seiffert, Leiter der Medizinischen Universitätsklinik II des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil. „Der chirurgische Herzklappenersatz wird auch weiterhin für viele Patienten eine gute Behandlungsmöglichkeit sein. Doch jetzt stehen unseren interdisziplinären Heart Teams in der Kardiologie und Herzchirurgie für jüngere Patienten mit geringem Risiko mehr Auswahlmöglichkeiten in der Behandlung zur Verfügung. Wir können gemeinsam entscheiden, welcher Eingriff für die Patienten individuell die beste Behandlungsoption ist. Natürlich sind wir auch auf die Fünfjahresdaten unserer Studie gespannt“, sagt Prof. Hermann Reichenspurner, stellvertretender Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums und Direktor der Klinik und Poliklinik für Herz- und Gefäßchirurgie des UKE.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Die Originalstudie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Ali Hajiluyi, Unsplash