Die Fatigue tritt bei fast allen Krebspatienten auf. Mit regelmäßigem Training lässt sich das Problem aber in den Griff bekommen. Betroffene müssen nur früh genug damit anfangen – am besten schon während der Therapie.
Eines der am häufigsten auftretenden und zugleich belastendsten Symptome einer Krebserkrankung ist die krebsassoziierte Fatigue (Cancer-Related Fatigue, CRF). Diese Form der chronischen Müdigkeit, die weder durch Ruhe noch durch Schlaf gelindert werden kann, betrifft schätzungsweise bis zu 90 Prozent der Krebspatienten im Laufe ihrer Erkrankung. Aber man kann etwas dagegen tun: „Gezieltes körperliches Training kann dazu beitragen, die Symptome der Fatigue signifikant zu lindern“, erklärt Prof. Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in ihrem Vortrag auf dem Kongress der DGIM. Steindorf findet, dass sich jeder Onkologe und behandelnde Arzt mit krebsassoziierter Fatigue beschäftigen sollte, da sie direkten Einfluss auf die Compliance hat – was wiederum die Prognose beeinflusst.
„Natürlich muss der Fitnesszustand jeder einzelnen Person berücksichtigt werden“, sagt Steindorf. „Aber es gibt nur wenige Kontraindikationen für körperliche Betätigung!“ Mit Sport könne man der Entwicklung einer Fatigue sogar aktiv entgegenwirken. Studien haben gezeigt, dass Krebspatienten, die schon während der Chemotherapie trainieren, erst gar keine Fatigue entwickeln. Steindorf mahnt: „Wir sollten nicht sagen: ‚Jetzt kommt erstmal die Chemo, und um den Sport kümmern wir uns später.‘“ Das Ziel sollte sein, möglichst früh mit dem Training zu beginnen.
Für welchen Sport sich die Patienten letztlich entscheiden, ist egal – Hauptsache die Patienten bewegen sich. Sowohl Ausdauersport als auch Krafttraining (einzeln oder in Kombination) sind hinsichtlich der Fatigue-Reduktion mit starker Evidenz belegt – sogar besser als pharmakologische Interventionen. Die Empfehlungen für Krebspatienten unterscheiden sich dabei nicht von denen für Gesunde: Pro Woche sollten es 150 min moderater oder 75 min anstrengender körperlicher Aktivität sein. Inzwischen wird Sport zur Therapie von Fatigue auch in verschiedenen Leitlinien empfohlen, sind Steindorf zufolge aber insgesamt „noch zu schwach“. So werde in manchen Leitlinien z. B. nicht zwischen einem aktiven Lebensstil und gezieltem körperlichen Training unterschieden.
Die Beschäftigung mit krebsassoziierter Fatigue und dem therapeutischen Einsatz von Sport sollte ein integraler Bestandteil der medizinischen Praxis für jeden Onkologen und behandelnden Arzt sein, findet Steindorf. Mediziner sollten ihre Patienten auch gezielt auf das Thema Fatigue ansprechen und auf Trainingsangebote hinweisen. Vielen Betroffenen hilft das Training unter Anleitung oder Sport in der Gruppe. Die Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten oder spezialisierten Sporttherapeuten kann hierbei wertvoll sein.
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