Eine Patientin stellt sich mit quälendem, zähem Sekret in der Lunge vor. Das CT zeigt schwere Bronchiektasen. Der Arzt weiß sofort, worauf er testen muss. Wisst ihr es auch?
Aspergillen lösen sehr unterschiedliche Krankheitsbilder aus. Im DocCheck CME „Pilzinfektionen und ihre Folgen“ berichtete Dr. Henning Orbach von seinen Erfahrungen aus der Praxis, die wir euch in 5 Case Reports präsentieren wollen. Den ersten Fall könnt ihr hier nachlesen.
Ähnlich wie beim ersten Fall, stellt sich ein 47-jähriger Mann mit rezidivierender Luftnot, Fieber und Arthralgien vor. Seine Symptome treten episodisch auf und klingen nach wenigen Stunden wieder ab. Laborchemisch konnte kein Zusammenhang festgestellt werden und auch die Vitalparameter sind unauffällig. Der Unterschied zum ersten Fall: Der Patient ist bei der Abfallbeseitigung tätig und zudem Raucher.
Die Diagnostik setzte sich zusammen aus Anamnese, CT und Untersuchungen der Lungenfunktion inklusive Spirometrie. Auf eine Kryobiopsie verzichtet Orbach in diesem Fall. „Dann muss ich tatsächlich abwägen – will ich den Patienten gefährden? Ich kann einen Pneumothorax auslösen, im schlimmsten Fall einen Spannungspneumothorax oder aber auch lebensbedrohliche Blutungen. Bei solchen Untersuchungen sind tatsächlich schon Patienten verstorben.“ Eine Bronchioskopie nimmt er dennoch vor, um einen Blick in die Lunge werfen zu können. Im Zuge dessen wird auch gleich eine Bronchoalveoläre Lavage (BAL) durchgeführt.
Die Ergebnisse der Diagnostik deuten auf eine mittelschwere COPD (GOLD II) mit führendem Emphysem hin. Die BAL zeigt vor allem eine Neutrophilie – die Neutrophilen gehören, laut Orbach, aber nicht in gesunde Alveolen. Davon abgesehen, können keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Die Arbeit des Patienten bei der Abfallentsorgung führt Orbach letztlich zur Diagnose: Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS). Dabei werden Endotoxine oder Mykotoxine inhaliert und lösen so eine toxische Alveolitis aus. Wegen der ähnlichen Symptome kann sie leicht mit der exogenen allergischen Alveolitis (EAA) verwechselt werden (DocCheck berichtete). Daher ist es wichtig die Auslöser zu benennen und letztendlich auch zu meiden. In dem Fall war der Patient bei seiner Arbeit Aspergillen ausgesetzt gewesen, die diese toxische Reaktion auslösten.
Das ODTS hat eine sehr gute Prognose. Zur Behandlung werden Patienten in der Regel inhalative Glukokortikoide verabreicht. „Die sind systemisch nicht so wirksam und kommen schön an das Zielorgan heran“, so der Experte. Eine Behandlung mit systemischen Glukokortikoiden ist in manchen Fällen auch möglich. Die durch Toxine entstandene Entzündung kann also mit antiinflammatorischen Steroiden geheilt werden. Vorsicht ist aber bei einem chronischen Verlauf geboten, denn ähnlich der EAA drohen auch hier Gefahren. Bei chronischer Exposition kann sich nämlich eine COPD entwickeln.
Der von Orbach als drittes vorgestellte Fall behandelt eine 52-jährige Frau mit chronischer Luftnot. Sie leidet an vermehrtem quälendem Sekret. Die Patientin hat bereits ein diagnostiziertes Asthma bronchiale, allerdings konnte in laborchemischen Untersuchungen keine Verbindung zu ihren aktuellen Symptomen festgestellt werden.
Neben CT, Funktionsdiagnostik und Bronchoskopie entscheidet sich Orbach auch für eine BAL, denn das CT zeigt massive schwere Bronchiektasen. Orbach: „Ich möchte hier vor allem nach Pilzen schauen, denn hier gibt es ein ganz typisches und klassisches Krankheitsbild.“
Die Ergebnisse zeigen wie vermutet eine sogenannte „mucoid impaction“. Bei der Patientin wurde zäher Schleim in der Lunge gefunden, der kaum absaugbar ist. Das ist laut Orbach typisch für diese Erkrankung. Ein durchgeführter Prick-Test fiel positiv auf Aspergillen aus. Auch ist das spezifische IgE der Patientin erhöht. Zum Krankheitsbild gehören meist auch zentrale Bronchiektasen, wie auch bei der Patientin. In der BAL findet Orbach typische Immunzellen und es zeichnet sich eine eosinophile Alveolitis ab. Ebenso wird eine teilreversible Obstruktion der Lungenfunktion festgestellt, was sich jedoch durch das bekannte Asthma bronchiale erklären lässt.
Die Diagnose: Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA). Es handelt sich um eine nicht invasive Aspergilleninfektion. Durch die Asthma-Grunderkrankung hat die Patientin eine vermehrte Schleimproduktion in der Lunge. In diesem Sekret wachsen Aspergillen, wodurch das Sekret zähflüssig wird und kaum abzuhusten ist. Laut Orbach liegen wie auch in diesem Fall klassischerweise Grunderkrankungen wie Asthma bronchiale oder zystische Fibrose vor.
Therapiert wird die ABPA mit Glukokortikoiden. Bei dieser immunsuppressiven Therapie werden 0,5–1 mg pro kg Körpergewicht über 3–6 Monate schrittweise reduzierend verabreicht. Parallel kann durch den Einsatz von Intraconazol eine Reduktion der Pilzhyphen erreicht werden, doch das ist für Orbach nicht erste Wahl – die Glukokortikoid-Therapie wirke deutlich schneller. „Wir hatten einen Patienten in unserem Haus, den konnten wir mit 10 mg entlassen und dem ging es wesentlich besser“. Die ABPA wird vergleichsweise selten diagnostiziert, da vorwiegend Vorerkrankte betroffen sind.
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