Dermatitis, Ekzeme und Psoriasis: Hautkrankheiten und ihre Symptome können Patienten um den Schlaf bringen. Der Schlafmangel verschlechtert wiederum das Hautbild – ein Teufelskreis beginnt. Was können Ärzte tun?
Fast ein Drittel seines Lebens verschläft der Mensch. Das ist keine vertane Zeit. Im Gegenteil: Im Schlaf finden wichtige Regenerations- und Anpassungsvorgänge statt. Ist er gestört, kann das zu verschiedenen Störungen führen – und auch Folgen für die Haut haben. Schlaf spielt nämlich auch eine wichtige Rolle bei der Regeneration und Reparatur des größten Organs des Menschen. Die Beziehung zwischen Schlafstörungen und dermatologische Erkrankungen ist jedoch bidirektional. So können bestehende dermatologische Erkrankungen Patienten auch um den Schlaf bringen.
Es kann so weit führen, dass Patienten Schlafstörungen mit Krankheitswert entwickeln. Der Schlafmangel wiederum kann das Hautbild verschlechtern – ein Teufelskreis kann beginnen. Ein Problem, das nicht zu unterschätzen ist, schon allein deshalb, weil etliche Patienten davon betroffen sind.
In einer aktuellen weltweiten Studie haben Wissenschaftler untersucht, wie hoch die Prävalenz von Schlafstörungen aufgrund von Hauterkrankungen ist. Im Zuge der Studie wollten sie auch prädiktive Faktoren und Auswirkungen auf das Berufsleben identifizieren. In ihre Studie „ALL PROJECT“ schlossen sie Menschen ab 16 Jahren aus 20 Ländern aus allen fünf Kontinenten ein. Insgesamt nahmen 50.552 Personen an der Befragung teil, von denen 17.627 an Hauterkrankungen litten.
7.458 (42,3 %) von ihnen gaben Schlafstörungen aufgrund ihrer dermatologischen Erkrankung an. Symptome wie Kribbeln, Brennen, Hautschmerzen und Pruritus erwiesen sich als prädiktive Faktoren dafür, dass Patienten schlecht schliefen. Wer nicht gut schlafen konnte, litt häufiger nach dem Aufwachen unter Müdigkeit, konnte sich schlechter konzentrieren und war weniger wachsam. Schläfrigkeit am Tag, ein Kribbeln in den Augen und wiederholtes Gähnen wurden ebenso als Folge des gestörten Schlafes berichtet. Schlafstörungen wirkten sich negativ auf das Arbeitsleben aus, da sich die Betroffenen weniger produktiv fühlten.
Bereits 2023 hatten Wissenschaftler aus Deutschland den bidirektionalen Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Hautkrankheiten untersucht. Sie stellten Daten aus veröffentlichten Artikeln zum Thema „Schlafstörungen in der Dermatologie“ für den Zeitraum von Juli 2010 bis Juli 2022 zusammen. Es zeigte sich, dass atopische Dermatitis, Ekzeme und Psoriasis durch Schlafprobleme verschlimmert werden – und umgekehrt. Bei einigen Medikamenten erkannten sie ebenfalls Auswirkungen: So kann Isotretinoin Schlafstörungen verursachen, während zum Beispiel Benzodiazepine zu Nebenwirkungen der Haut wie starken Juckreiz führen können. Bestenfalls sollten Ärzte bei der Behandlung von dermatologischen Erkrankungen die Therapie von Schlafstörungen gleich mitdenken.
Es gibt auch Daten dazu, welche Symptome von Hautkrankheiten Patienten nachts wachhalten. Schweizer Wissenschaftler untersuchten 2021 die Prävalenz, Ursachen und Folgen von Schlafstörungen bei dermatologischen Patienten und führten dazu eine monozentrische Querschnittsstudie durch.
In der Studie füllten Patienten mit Hautkrankheiten einen Fragebogen zu hautbezogener und nicht hautbezogener Gesundheit, Schlafverhalten sowie Ursachen und Folgen von Schlafstörungen aus. Nach der Regensburger Insomnie Skala litten 27,92 % der 634 Teilnehmer an Insomnie (177 von 634 Patienten). Die Prävalenz von Schlafstörungen in der Allgemeinbevölkerung wird hingegen nur mit 5 % bis 19 % angegeben.
Ursachen rund um die Haut machten 55,65 % (64 von 115 Patienten) der Insomnie-Fälle aus, nicht hautbedingte Ursachen 33,04 % (38 von 115 Patienten) und eine kombinierte Ursache berichteten 11,30 % (13 von 115 Patienten). Juckreiz war die Hauptursache für hautbedingte Schlafstörungen (64,49 %, 50 von 77 Patienten), gefolgt von hautbedingten Schmerzen (55,84 %, 43 von 77 Patienten) und hautbedingten Angstgedanken (54,55 %, 42 von 77 Patienten). Die häufigste Strategie zur Verbesserung des Schlafes war die Einnahme von Schlafmitteln (57,39 %, 66 von 115 Patienten).
Bei einigen dermatologischen Erkrankungen ist die Prävalenz von Schlafstörungen besonders hoch. So beträgt sie bei Erwachsenen mit atopischer Dermatitis beispielsweise 33 % bis 87 % . Auch Eltern von Kindern mit atopischer Dermatitis leiden häufiger unter Schlafstörungen.
Ebenso sind Schlafstörungen bei Patienten mit Psoriasis verbreitet. Bei Psoriasis ist der Juckreiz zwar gewöhnlich nicht so ausgeprägt wie bei einigen anderen Hautkrankheiten, kann aber trotzdem den Schlaf rauben. Weiterhin können Hautläsionen bei Psoriasis die Schweißrate und die Fähigkeit zur Wärmeableitung verringern, die Thermoregulation stören und den Abfall der Körperkerntemperatur verzögern, wodurch sich die Schlafinduktion verschlechtert und der Tiefschlaf verringert wird.
Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse, die Anfang des Jahres veröffentlicht wurde, und in der 15 Studien mit 1.274 Patienten mit Psoriasis und 775 Kontrollpersonen ausgewertet wurden. Die Autoren stellten fest, dass die chronische Autoimmunkrankheit mit einer schlechteren Schlafqualität und einem höheren Risiko für Schlafstörungen verbunden ist. Besonders häufig leiden Betroffene mit Psoriasis-Arthritis, schwerer Psoriasis, kürzerer Krankheitsdauer und jüngeren Alters unter Schlafproblemen. Schlaflosigkeit, Restless-Legs-Syndrom und Depressionen kommen bei Menschen mit Psoriasis ebenfalls häufiger vor als in der Allgemeinbevölkerung.
Was können Ärzte für Patienten tun, die wegen einer Hautkrankheit schlecht schlafen? Am besten helfen Maßnahmen, die an den Symptomen, die vom Schlafen abhalten, ansetzen. Bei atopischer Dermatitis ist der Juckreiz besonders quälend. Wärme und Feuchtigkeit, etwa durch Schweiß, verstärken das Jucken. Ein Tipp ist daher, die Temperatur im Schlafzimmer im Bereich von 16 bis 18 Grad Celsius zu halten. Um nicht ins Schwitzen zu kommen, hilft es auch Bettwäsche und Nachtwäsche aus leichten, kühlenden und atmungsaktiven Materialien zu wählen.
Im Hausstaub ist der Kot von Hausstaubmilben enthalten, der für sein hohes allergenes Potenzial bekannt ist. Daher achten Menschen mit Neurodermitis auf eine möglichst staubarme Schlafumgebung. Auch bei Nesselsucht (Urtikaria) ist der Juckreiz eine Plage. Bei dieser Krankheit gilt es, Auslöser bestmöglich zu meiden. Als Trigger sind unter anderem einige Medikamente, Nahrungsmittel, Kälte, und Licht bekannt. Bei einer Juckattacke verschlimmert Kratzen nur den Teufelskreis. Besser ist es, kalt zu duschen, auch wenn das in der Nacht besondere Überwindung kostet.
Ein Dermatologe kann Medikamente etwa mit dem Wirkstoff Omalizumab verschreiben, der den Pruritus reduzieren können. Patienten mit Juckreiz sollten ihre Nägel sauber und kurz geschnitten halten. Wenn sie sich nachts unbewusst kratzen, können schmutzige und lange Nägel Entzündungen verschlimmern. Bei Psoriasis wird schlafraubender Juckreiz ebenfalls durch Schweiß und Staub provoziert. Lauwarm bis kalt vor dem Schlafengehen zu duschen, entfernt reizende Stoffe von der Haut und kühlt den Körper ab. Patienten sollten ihre Haut danach gut eincremen, um sie mit Feuchtigkeit und Fett zu versorgen. Am besten lagern sie ihre Hautpflege im Kühlschrank. Mit kühler Haut und kühlem Kopf gelingt dann hoffentlich auch leichter der Übergang ins Reich der Träume.
Diese Tipps kann der Arzt geben:
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