Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin wird zum Ende dieses Jahres aufgelöst. Wie geht’s also weiter in Sachen qualitätssichernde Aufgaben in der Patientenversorgung?
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat diese überraschende Nachricht mit großer Sorge aufgenommen. Ohne die Arbeit des Ärztliche Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) droht eine Verschlechterung der Patientensicherheit und der Versorgungsqualität in Deutschland. Denn eine wichtige Aufgabe dieses Zentrums ist es, die Versorgungsqualität und das Versorgungsmanagement im Gesundheitswesen zu überwachen und zu unterstützen. Dazu zählt auch die Erstellung der Nationalen VersorgungsLeitlinien (NVL), die Basis sind für viele strukturierte Behandlungsprogramme (DMP).
In der Umstrukturierung des Gesundheitswesens jagt ein Aufreger-Thema das andere. Mit Sorge hat die DDG die aktuelle Nachricht aufgenommen, dass die Arbeit des ÄZQ zum 31. Dezember 2024 eingestellt werden soll. „Die Daseinsberechtigung des ÄZQ ist in keiner Weise in Frage zu stellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer sowie der Bundesgesundheitsminister rütteln mit dieser Maßnahme an den Grundfesten der unabhängigen Qualitätssicherung des deutschen Gesundheitssystems“, bewertet DDG-Präsident Prof. Andras Fritsche die aktuelle Lage. Durch Erstellung und Aktualisierung von NVL, aber auch durch die korrespondierenden NVL für Patienten mit entsprechenden Möglichkeiten evidenzbasierter Patientenaufklärung sei das ÄZQ unverzichtbar.
„Solange noch nicht klar ist, wer diese wichtige Rolle übernehmen soll, müssen wir um die Versorgungsqualität der Patientinnen und Patienten bangen.“ Auch die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist von der Entwicklung überrascht und sieht ebenfalls eine große Gefahr für die Versorgungsqualität und die zukünftige Entwicklung einer unabhängigen evidenzbasierten Leitlinienerstellung an der sich am Beispiel NVL Typ-2-Diabetes 34 Fachgesellschaften, Verbände und Patientenorganisationen beteiligen.
Vermutet wird, dass einige der Aufgaben des ÄZQ, wie die Neu- und Weiterentwicklung der NVL, das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach neu geplante Bundesinstitut für „Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) oder ein anderes dem Robert Koch-Institut unterstelltes Organ übernehmen soll. „Einer staatlich gelenkten Institution fehlt jedoch die politische Unabhängigkeit, die sie haben muss, um wissenschaftliche, evidenzbasierte und nicht emminenzbasierte Entscheidungshilfen auszusprechen“, gibt Fritsche zu Bedenken.
Das ÄZQ ist eine gemeinsame Einrichtung (GbR) von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung und damit politisch unabhängig. Die Mitarbeiter des ÄZQ werden durch Auflösung des ÄZQ der weiteren Arbeit von evidenz-basierten Versorgungs-Leitlinien verloren gehen und nur schwer zu ersetzen. Diese strukturellen und personellen Voraussetzungen müsse auch ein neues Institut aufweisen. „Wenn die Nationalen VersorgungsLeitlinien unter der Ägide des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt werden sollen, wäre dies eine Verstaatlichung der Medizin, was deren wissenschaftliche Unabhängigkeit konterkariert“, befürchtet Fritsche. Auch eine einseitige Auslagerung an die KBV, was ebenfalls im Raum stehe, sei nicht zielführend und könne einen erheblichen ökonomisch fokussierten Interessenkonflikt zwischen Ärzteschaft und Kassen hervorrufen.
Die DDG fordert, schnellstmöglich eine unabhängige Instanz zu schaffen, die den bisherigen Zielen des ÄZQ gerecht wird. „Das Aus für die Erstellung und Aktualisierung der NVL wäre ein erheblicher Rückschlag für die Patientensicherheit und die Versorgungsqualität in Deutschland“, so Prof. Monika Kellerer, Leilinienkoordinatorin der DDG. Prof. Rüdiger Landgraf, der seit Beginn des NVL-Programms maßgeblich an der Entwicklung und Implementierung der NVL Diabetes beteiligt war, ergänzt: „Gesprochen für die Diabetologie wäre das verheerend und würde die jahrzehntelange Arbeit der DDG, evidenzbasierte Medizin an die Menschen zu bringen, zunichtemachen.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
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