Knoten in der Brust mit 17, ein jahrelang unerfüllter Kinderwunsch und dann ein Frühgeborenes mit Makrozephalie. Was Mediziner lange vor ein Rätsel stellt, entpuppt sich schließlich als seltenes Syndrom.
Es lässt sich nur erahnen, was die 41-jährige Anita bis zur finalen Diagnose durchmachen musste. In einer Zeitschrift schildert sie ihre lange Leidensgeschichte, die mit ersten Knoten in der Brust im zarten Alter von 17 begann. Viele Jahre wurde sie nicht ernst genommen und in der Folge nur unzureichend behandelt. Erst die Geburt ihres Sohnes per Notkaiserschnitt nach lange unerfülltem Kinderwunsch brachte nach umfangreichen humangenetischen Untersuchungen die Erlösung: die Diagnose Cowden-Syndrom.
Beim Cowden-Syndrom handelt es sich um eine Genodermatose mit autosomal-dominantem Erbgang, die durch das Vorhandensein multipler Hämartome in verschiedenen Geweben und ein deutlich erhöhtes Risiko für maligne Erkrankungen der Brust, der Schilddrüse, des Endometriums, der Nieren und des Kolorektums gekennzeichnet ist. Wie in Anitas Fall zeigen sich die ersten Symptome meist im jungen Erwachsenenalter, können aber auch zum Zeitpunkt der Geburt in Form eines Makrozephalus, wie bei ihrem Sohn, ins Auge fallen.
Obgleich es bis heute keine genauen Zahlen zur Prävalenz des Cowden-Syndroms gibt, wird die Häufigkeit aktuell auf 1:200.000 geschätzt, wobei beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sind. Auf dem Weg zur Diagnose spielen vor allem klinische Symptome in Form von auffällig vielen Tumoren verschiedener Organe in Kombination mit den Ergebnissen humangenetischer Untersuchungen eine wichtige Rolle.
Ärzte fahnden dann nach Keimbahn-Mutationen im PTEN-Gen (Phosphatase and Tensin Homolog), die nach aktuellem Wissensstand für etwa 25 % der Fälle verantwortlich sind. Auf differentialdiagnostischer Ebene kommen bei auffälligem Genotyp weitere Phänotypen bzw. Erkrankungen mit Tumorneigung in Frage, darunter das juvenile Polypose-Syndrom, das Gorlin-Goltz-Syndrom und Neurofibromatose Typ 1. Sollte eine schwangere Frau nachweislich am Cowden-Syndrom leiden, ist bei Risikoschwangerschaften bereits eine vorgeburtliche Diagnostik möglich.
Konnte die Vermutung eines Cowden-Syndroms dann bestätigt werden, bleiben den Betroffenen im weiteren Verlauf zwei entscheidende Therapieoptionen: regelmäßige und engmaschige Krebsvorsorge, sowie die Resektion benigner und maligner Neubildungen. So nehmen Anita und ihr Sohn regelmäßig alle möglichen Vorsorgen in Anspruch und mussten sich schon mehreren Operationen unterziehen.
Obwohl es also bis heute keine Behandlung gibt, bleibt die Hoffnung auf Fortschritte bei genbasierten Therapien, die die Tumorneigung reduzieren und somit die Prognose der Patienten verbessern könnten. Und spätestens seit Entwicklung der Genschere CRISPR/Cas9 könnte der Traum von einer Heilung des Cowden-Syndroms etwas näher rücken.
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