Lange war es still um Rabattmarken oder sonstige Vergünstigungen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Jetzt schlägt der Gong zur nächsten Runde: Dürfen Versandapotheken Rx-Präparate ohne Versandgebühren abgeben - oder verstoßen sie damit gegen geltendes Recht?
„Gratis Versand bei Rezepteinreichung“: Damit wirbt die bodyguard apotheke, ein Vertriebskanal der Pforzheimer Einhorn Apotheke, auf ihrer Homepage. Wer OTCs, Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmittel bestellt, muss mindestens 25 Euro erreichen. Ansonsten fallen 3,95 Euro Versandkosten an.
In der Branche ist dieses Geschäftsmodell kein Einzelfall – die Europa Apotheek Venlo, DocMorris/Zur Rose, Sanicare und weitere Unternehmen bieten ähnliche Konditionen an. Juristen wittern hier schon lange versteckte Rx-Boni. Jetzt hat Ordermed die bodyguard apotheke abgemahnt. Der Konkurrent sieht darin einen Gegenwert bei Rezeptabgabe in Höhe von durchschnittlich 3,95 Euro pro Bestellung.
Bei Präsenzapotheken ist die Sache relativ klar: Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht wurde zwar ein Euro als Bagatellgrenze für Rx-Boni festgelegt. Davon haben Apotheker nur wenig: Arzneimittelrechtliche Vorgaben verbieten bei rezeptpflichtigen Präparaten Vorteile ab dem ersten Cent. Im Heilmittelwerbegesetz, Paragraph 7, spricht der Gesetzgeber klare Worte: „Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten (...).“
In diesem Zusammenhang noch ein Blick auf Marktdaten: Durch die Verschärfung gesetzlicher Vorschriften haben Versandapotheken laut IMS Health schlechte Karten. In diesem Zusammenhang noch ein Blick auf Marktdaten: Durch die Verschärfung gesetzlicher Vorschriften haben Versandapotheken laut IMS Health schlechte Karten. Ihr Umsatzanteil am Rx-Markt (Versandsegment) lag von Januar bis April 2014 nur noch bei 22 Prozent. Im Jahr 2013 waren es 26 Prozent, und in 2012 noch 28 Prozent. Die Gründe liegen auf der Hand: Da der Bundesgerichtshof Rx-Boni für Versender aus dem EU-Ausland ebenfalls verboten hat, fehlen Kunden Kaufanreize. Kippen Richter jetzt noch den gebührenfreien Versand, dürfte dieses Segment noch stärker einbrechen.