Vorhofflimmern wird häufiger. Überraschend dabei: Auch immer mehr jüngere Menschen sind betroffen. Woran das liegen könnte und was ihr bei der Betreuung dieser Patienten beachten müsst, erfahrt ihr hier.
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung in den USA und betraf im Jahr 2010 schätzungsweise 5,2 Millionen Menschen. Tendenz steigend: 2030 könnten 12,1 Millionen Menschen an VHF leiden. Während VHF typischerweise bei älteren Erwachsenen auftritt, sind immer mehr Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose unter 65 Jahre alt. Aktuell sind dies 10–15 % der Fälle. Trotz ihrer Prävalenz sind die Auswirkungen von VHF auf die Mortalität und schwerwiegende klinische Ereignisse bei jüngeren Patienten nach wie vor weitestgehend unerforscht.
Das Forscherteam um Bhonsale et al. versucht jetzt, diese Lücke zu schließen. Bei ihrer Studie handelte es sich um eine retrospektive Beobachtungskohortenanalyse am University of Pittsburgh Medical Center mit Patienten über 18 Jahren, bei denen VHF diagnostiziert wurde. Eingeschlossen wurden Patienten, die zwischen Januar 2010 und Dezember 2019 untersucht wurden, wenn sie mindestens zwei ambulante Besuche in der Inneren Medizin oder der Kardiologie hatten. Die Studie untersuchte eine Reihe kardiovaskulärer Risikofaktoren und Komorbiditäten, darunter Adipositas, Nikotinabusus, arterielle Hypertonie, Diabetes und verschiedene Herzerkrankungen. Der primäre gemessene Endpunkt war die Gesamtmortalität. Die Studie untersuchte auch sekundäre Endpunkte wie Hospitalisierungen aufgrund kardiovaskulärer Ereignisse und kardialen Interventionen, die während der Nachbeobachtung auftraten.
Die Studie umfasste 67.221 Patienten mit diagnostiziertem VHF. Der durchschnittliche CHA2DS2-VASc-Score lag bei 3,1 ± 1,6. Das Durchschnittsalter der Kohorte betrug 72,4 ± 12,3 Jahre, mit 45 % weiblichen und 95 % weißen Teilnehmern. Bemerkenswert ist, dass ein erheblicher Teil, nämlich 26 %, bei ihrer Erstbeurteilung unter 65 Jahre alt war. In der Untergruppe der Patienten unter 65 Jahren waren Männer häufiger vertreten, insbesondere bei den unter 50-Jährigen (73 %) und den 50- bis 65-Jährigen (66,3 %). Diese Gruppe wies erhebliche kardiovaskuläre Risikofaktoren auf, darunter Bluthochdruck, Diabetes, Herzinsuffizienz und Dyslipidämie. Lebensstilfaktoren wie Adipositas und Nikotinkonsum waren ebenfalls signifikant häufig vorhanden.
Von diesen jüngeren Patienten hatten 4 % einen Schlaganfall in der Vorgeschichte und bei 1,35 % lag eine periphere Gefäßerkrankung vor. Es gab multiple kardiale Interventionen in der Kohorte: 3 % hatten einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator, 2 % hatten einen Herzschrittmacher, 5,5 % unterzogen sich einer perkutanen Koronarintervention und 2,5 % hatten zuvor eine Mitralklappenoperation. Zu den weiteren Komorbiditäten gehörten obstruktive Schlafapnoe, chronisch obstruktive Lungenerkrankung und chronische Nierenerkrankung. Zu Studienbeginn nahm mehr als die Hälfte der Patienten unter 65 Jahren Antikoagulanzien ein, mit ähnlichen Raten bei Aspirin® und es gab einen signifikanten Einsatz von Antiarrhythmika der Klasse 1 und Klasse 3.
Hospitalisierungen wegen VHF, Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt wurden bei 31 %, 12 % und 2,7 % der unter 50-Jährigen gemeldet, während diese Zahlen in der Gruppe der 50- bis 65-Jährigen auf 38 %, 19 % und 4,7 % anstiegen. Weitere Analysen ergaben mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren und Komorbiditäten, die unabhängig voneinander mit der Gesamtmortalität bei Menschen unter 65 Jahren verbunden sind. Herzinsuffizienz, periphere Gefäßerkrankungen, Diabetes, koronare Herzkrankheit, Rauchen und Adipositas hatten einen erheblichen Einfluss auf die Sterblichkeitsraten. Bemerkenswerterweise waren auch chronische Nierenerkrankungen und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen mit einem schlechteren Outcome verbunden.
Interaktionsanalysen zeigten eine signifikante Korrelation zwischen dem Alter und dem Einfluss von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz auf die Sterblichkeitsraten. Der Vergleich der Vorhofflimmerkohorte mit nationalen Mortalitätsschätzungen ergab eine deutlich höhere Gesamtmortalitätsrate bei den Vorhofflimmerpatienten, insbesondere bei jüngeren Männern und Frauen. Darüber hinaus erhöhte VHF unter Berücksichtigung kardialer und nichtkardialer Risikofaktoren das Mortalitätsrisiko bei Patienten unter 65 Jahren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne VHF signifikant. Diese Population zeigte auch ein erhöhtes Risiko für einen Krankenhausaufenthalt aufgrund von Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfall.
Die Take-Home Message: VHF vor dem 65. Lebensjahr ist ein Problem und wesentlich häufiger als bisher angenommen. Es gibt eine erhebliche Morbiditätslast, die damit verbunden ist, dass Patienten in jungen Jahren VHF entwickeln. Für den klinischen Alltag bedeutet dies, dass vor allem jüngere Patienten mit VHF auf mögliche Risikofaktoren kontrolliert und streng eingestellt werden müssen, um die Sterblichkeit zu verringern.
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