Chemiker haben in Akne-Präparaten teils große Mengen an krebserregendem Benzol nachgewiesen. Naht das Aus dieser Präparate?
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Ein US-Labor schlägt Alarm: Chemiker fanden hohe Konzentrationen an krebserregendem Benzol in Präparaten zur Akne-Therapie, die Benzoylperoxid als Wirkstoff enthalten. Betroffen sind unter anderem bekannte Marken wie Clearasil® oder Clinique®. Benzol zählt zu den erwiesenermaßen krebserregenden Stoffen beim Menschen; es gibt keine Grenzwerte, die als ungefährlich gelten.
Benzoylperoxid zerfällt bei der Anwendung in zwei Radikale (linker Teil der Reaktionsgleichung). Spaltet sich Kohlendioxid ab, entstehen Phenylradikale (rechts), aus denen Benzol werden kann. Credit: Wikipedia
Zum Hintergrund: Benzoylperoxid kommt seit langer Zeit in topischen Arzneimitteln bei Akne zum Einsatz. Sie werden je nach Krankheitsbild über Monate bis Jahre hinweg eingesetzt.
Das Molekül zerfällt schon bei Körpertemperatur leicht in Radikale, was seine pharmakologische Wirkung erklärt. Benzoylperoxid:
Bleibt als Problem, dass die chemische Reaktion nach dem ersten Schritt, also der Bildung reaktiver Radikale, weiterläuft: Kohlendioxid wird abgespalten; schließlich entsteht Benzol. Es handelt sich also nicht um eine Kontamination aufgrund verunreinigter Ausgangsstoffe, sondern um ein über mehrere Stufen gebildetes Zersetzungsprodukt des Benzoylperoxids.
Genau dieses Abbauprodukt hat Valisure, ein analytisches Labor aus den USA, jetzt nachgewiesen. Die Forscher haben fünf gängige Produkte bei Körpertemperatur und bei 50°C inkubiert. In regelmäßigen Abständen wurden Proben entnommen und per Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (GC-MS) untersucht.
Dabei fanden die Chemiker Benzol in allen getesteten Produktproben. Die Konzentration stieg auf das bis zu 800-Fache des von der FDA festgelegten – wenn auch nicht gänzlich sicheren – Grenzwerts für Benzol.
Darüber hinaus wurde Benzol in der Umgebung zweier ungeöffneter Behälter nachgewiesen, was darauf hindeutet, dass topische Arzneimittel erhebliche Mengen des Abbauprodukts aus ihrer Originalverpackung abgeben könnten.
„Diese Studie wirft erhebliche Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der derzeit auf dem Markt befindlichen Benzoylperoxid-haltigen Produkte auf, die offenbar Benzol bilden, ein bekanntes Karzinogen für den Menschen und eine Gefahr für die Umwelt“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung. Von der FDA fordert Valisure, Maßnahmen zu ergreifen.
Doch die Daten werden von der Fachwelt nicht nur als Warnung verstanden; Kritik lässt nicht lange auf sich warten.
„Das Labor verwendete in seiner Studie eine Praxis, die als beschleunigter thermischer Abbau bekannt ist“, kommentiert die US-Arzneibuchkommission (USP). Hier sei die Temperatur über den empfohlenen Wert hinaus erhöht worden, um den Abbau über einen längeren Zeitraum zu simulieren. „Wir können nicht bestätigen, dass die im Studiendesign gewählten erhöhten Temperaturen (50 °C bis 70 °C für einen Zeitraum von bis zu 18 Tagen) die Veränderungen widerspiegeln, die bei den Arzneimitteln unter den auf dem Etikett angegebenen Verwendungs- und Lagerungsbedingungen zu erwarten sind“, heißt es von der USP. Ähnlich haben auch Hersteller auf die Daten reagiert.
Valisure weist die Kritik mit Hinweis auf FDA-Empfehlungen zum Nachweis von Benzol in Handdesinfektionsmitteln zurück. Die Europäische Arzneimittelagentur hat sich bislang nicht öffentlich zur Problematik geäußert.
Wie relevant die Thematik unter Real-World-Bedingungen ist, wird sich zeigen. Unabhängig vom Methodenstreit können Dermatologen, aber auch Apotheker, ihren Patienten mit Akne einen Tipp an die Hand geben: Sie sollten Benzoylperoxid-haltige Präparate nicht bei höheren Temperaturen lagern, etwa im Auto oder in der Strandtasche.
Kurze Zusammenfassung für Eilige:
Giftiges Benzol in der Hautpflege? Ein US-Labor hat herausgefunden, dass beliebte Akne-Produkte hohe Mengen des krebserregenden Benzols enthalten. Benzoylperoxid, der Wirkstoff in diesen Produkten, zerfällt bei der Anwendung und setzt Benzol frei – nicht nur in der Creme, sondern möglicherweise auch durch die Verpackung.
So wirkt Benzoylperoxid: Der Wirkstoff tötet Bakterien, schält alte Haut ab, reguliert fettige Haut und bekämpft Entzündungen. Allerdings sorgt die gleiche chemische Reaktion, die diese Effekte bringt, auch für die Entstehung von Benzol.
Hitzige Debatte und kühle Lagerungstipps: Die Studie alarmiert, doch es gibt Streit um die Methodik: Kritiker bemängeln die hohen Temperaturen im Test. Trotzdem: Es wird empfohlen, Akne-Produkte lieber nicht im heißen Auto oder in der Strandtasche zu lagern.
Bildquelle: Virginia Marinova, unsplash