Endlose Wüsten im Morgenlicht – und eine schwarz-weiß gestreifte Mücke auf dem Mittagsteller. Wer durch Afrika reist, reist mit der Gelbfiebergefahr. Wie ein Stempel meine Namibia-Reise rettete, erfahrt ihr hier.
Flughafen Luanda, Angola. „DT573 to Windhoek ready for boarding”. Ich renne zum Gate. Hinter mir liegen 48 Stunden Chaos und eine zermürbend schlaflose Nacht im Hotel direkt über einem beliebten Nachtclub.
Was war passiert? Nach zwei Wochen Sao Tome – Tropen pur und so anstrengend wie überwältigend – sollte es weitergehen nach Namibia, ursprünglich mit einem 2-stündigen Stop in Luanda. Der Flug wurde storniert. Nach gefühlt endlosen Verhandlungen bekam ich kurz vor knapp eine Ersatzverbindung, allerdings mit mehr als einem Tag Aufenthalt am Flughafen in Angola. Dort angekommen wurde aufgrund eines fehlenden Visums zuerst mein Pass eingezogen. Immerhin zeigte man sich kulant und stellte mir besagtes Hotelzimmer zur Verfügung, zu dem ich mit bewaffneter Eskorte hingefahren und am Morgen wieder abgeholt wurde. Ich war ja quasi illegal im Land…
In Gedanken lasse ich das alles hinter mir – denke an die endlosen Weiten der Namib-Wüste und das langerwartete Wiedersehen mit meinen Freunden, sehe uns am Lagerfeuer sitzen – unter einem funkelnden Sternenhimmel.
„Yellow Fever Vaccination?“ – reißt es mich jäh aus meinen Träumen: Vor mir steht ein bewaffneter Uniformierter, der mir sehr entschlossen den Weg versperrt. Auf meinen verwirrten Gesichtsausdruck hin wiederholt er nochmal, diesmal schon deutlich ungehaltener: „Yellow Fever Vaccination?!“
Die Namib-Wüste - Eintritt verboten ohne Stempel?
Ich bin jetzt hellwach. „Moment, Sao Tome ist kein Gelbfieber-Gebiet, Namibia ist kein Gelbfieber-Gebiet, ich brauche keinen Impfnachweis“ „Sie sind im Transit, über 6h. Gelbfieber-Impfung, ansonsten fliegen Sie nicht.“ Auch wenn man auf solchen Reisen manchmal Vorschriften begegnet, die es gar nicht gibt, dämmert mir, dass er recht hat – und erinnere mich an eine typische schwarz-weiß-gestreifte Mücke, die gestern in einem Flughafen-Imbiss mit dreister Selbstverständlichkeit auf meinem Teller landete, bei gefühlt auf 16°C heruntergekühltem Raum, was Mücken ja angeblich ‚gar nicht mögen‘… so viel zu Realität und Lehrbuch.
Ich fische meinen Impfpass aus den Tiefen meines Rucksacks, zeige ihm den charakteristischen runden Stempel der Gelbfieber-Impfstelle. „Mmmh, ok. Go“, er senkt den Arm und lässt mich passieren. Und ich merke, dass auch im 21. Jahrhundert Reisen ein Abenteuer bleibt und manchmal ein magischer Stempel alles entscheiden kann.
Gelbfieber ist eine gefährliche Erkrankung und zählt zu den viralen hämorrhagischen Fieber. Die WHO geht von ca. 30.000 Todesfällen pro Jahr aus. Das auslösende Flavivirus wird über Mücken insbesondere der Gattung Aedes übertragen. Ursprünglich zirkulierte das Virus im afrikanischen und zentral- sowie südamerikanischen Regenwald zwischen Affen und lokalen Mücken, durch das Eindringen des Menschen in diese Lebensräume, Rodung der Wälder und befeuert durch den Klimawandel wurde es in den letzten 20 Jahren vermehrt in die Städte geschleppt und dort mit Hilfe lokaler Mückenpopulationen teilweise explosionsartig verbreitet. Wenn man ehrlich ist: Ein weiteres selbstgemachtes Problem.
Einmal infiziert kommt es zu einem biphasischen Krankheitsverlauf, es treten Fieber und Gliederschmerzen auf. Nach diesem meist milden Verlauf kommt es bei einem Teil der Infizierten zu einer zweiten Phase mit Ikterus, gastrointestinalen Blutung und Leberversagen. Eine spezifische Therapie gibt es nicht, die Mortalität liegt hier bei bis zu 60 %.
Seit den 1940er Jahren gibt es eine sehr wirksame Lebendimpfung, daher sind die globalen Impfprogramme von besonderer Bedeutung.
Grundsätzlich gibt es zwei Gründe für eine Gelbfieberimpfung: Den individuellen und den kollektiven, vom Land vorgeschriebenen Schutz. Im ersten Fall schütze ich mich als Reisender in einem Gelbfiebergebiet vor dieser oft tödlichen Erkrankung. Im zweiten Fall ist das Reiseland entweder schon Gelbfiebergebiet und/oder es gibt lokale Mückenpopulationen, die das Virus mit Leichtigkeit verbreiten könnten. In beiden Fällen will man unbedingt sicherstellen, dass kein akut infizierter Reisender das Land betritt und die Krankheit (weiter)verbreiten könnte. Das haben wir im oben geschilderten Fall gesehen: Durch den längeren Transit-Aufenthalt in Luanda könnte ich infiziert werden und die Krankheit dann nach Namibia einschleppen. Den örtlichen Behörden ist hier meine individuelle Gesundheit herzlich egal, es geht – nachvollziehbar – um den Schutz der eigenen Bevölkerung. In beiden Fällen darf nur eine autorisierte Impfstelle impfen.
Siegel einer offiziellen Gelbfieber-Impfstelle
In der reise- und tropenmedizinischen Beratung sollte man diese Umstände berücksichtigen. Zum Individualschutz ist die Impfung sowieso sinnvoll. Aber auch bei einer Reise in tropische oder subtropische Länder, die keine verpflichtende Impfung fordern, kann es Probleme geben – durch kurzfristige Änderungen der Einreisevorschriften, lokale Epidemien oder einfach durch einen umgeleiteten Flug und Zwischenlandung in einem Endemiegebiet. Das ist streng genommen nicht immer eine medizinische Indikation, aber kann auf Reisen entscheidend werden: daher aufklären und auf Wunsch der Reisenden impfen.
Dann öffnen sich auch die Türen zu tropischen Abenteuern …
Bildquelle: docjay