Letzte Woche in der Sprechstunde: Thema Malaria. Eine Entwicklungshelferin in Zentralafrika meint völlig überzeugt: „Ich nehm’ keine Prophylaxe. Malaria ist eh harmlos, das haben da alle.“ Echt jetzt?!
Über diese Krankheit kursieren viele Mythen und Falschinformationen, nehmen wir einige davon mal genauer unter die Lupe.
Jein. 2022 gab es 249 Millionen Malariafälle auf der Welt, deutlich mehr als vor der COVID19-Pandemie und 5 Millionen mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig gibt es einen leichten Rückgang der Todesfälle: 2020 schätzte die WHO hier 631.000 Tote, für 2022 liegen die Schätzungen bei 608.000 Toten. Neben Tuberkulose und HIV gehört es immer noch zu den drei Infektionserkrankungen, die für die meisten Todesfälle weltweit verantwortlich sind.
Warum ist das so? Auf der einen Seite zeigen die großen Programme zur Prävention zunehmend Wirkung. Allerdings hat die COVID19-Pandemie die Aufmerksamkeit verlagert und in vielen Gegenden mit knappen Ressourcen haben die Malaria-Maßnahmen darunter gelitten. Auch der Klimawandel führt zu weiterer Ausbreitung.
Malaria-Verteilung weltweit. Credit: WHO
Jein. Es stimmt, dass man mit jeder durchgemachten Malaria-Infektion eine gewisse Immunität erlangt. Allerdings ist diese nicht dauerhaft und verschwindet langsam, wenn man der Krankheit nicht mehr ausgesetzt ist – z. B. wenn man das Endemiegebiet verlässt.
Zudem muss man sich klarmachen, welchen Preis diese Immunität hat: 80 % der Malaria-Fälle betreffen kleine Kinder, die Todesraten sind hier hoch. Nur diejenigen, die überleben, entwickeln Immunität. Einheimische in Malaria-Hochrisikogebieten sind daher kein Maßstab für Fernreisende. Besonders gefährdet ist noch eine andere Gruppe: „VFR“ (Visting Friends and Relatives): Einheimische, die ihr Ursprungsland vor Jahren verlassen haben, gehen von Immunität aus, sind aber ähnlich ungeschützt wie wir.
Aber Sie würden gerne! Natürlich nimmt nicht jeder Einheimische durchgehend Malariaprophylaxe. Aber das liegt auch daran, dass sie es schlichtweg nicht bezahlen können! Diese Aussage zeigt westliche Arroganz und Unwissenheit – und entspricht zunehmend weniger der Realität. Viele afrikanische Malaria-Hochrisikoländer versuchen der Bevölkerung Prophylaxe zur Verfügung zu stellen (2022 ca. 200 Millionen Dosen).
Ja, jedes Medikament hat Nebenwirkungen. Daher gibt es klare Empfehlungen, wann und wo man Prophylaxe einnehmen sollte und wo nicht. Für Hochrisikoländer für Malaria tropica stehen mögliche Nebenwirkungen aber in keinem Verhältnis zur Gefährlichkeit – unbehandelt liegt die Sterblichkeit bei ca. 20 %.
Jede der drei empfohlenen Substanzen Atovaquone/Proguanil (Malarone®), Doxycyclin und Mefloquin (Lariam®) hat spezifische Vor- und Nachteile, insgesamt sind sie gut verträglich. Was haben Sie noch alle gemeinsam? Sie verhindern nicht die Infektion (keine Impfung), verringern aber das Risiko schwer an Malaria zu erkranken drastisch.
Das ist leider zu einfach. Natürlich sollte jede fieberhafte Erkrankung in den Tropen ärztlich beurteilt werden. Das Problem ist aber, dass die Symptome von Malaria oft unspezifisch und verwirrend sind, es kann z. B. auch erstmal nur Durchfall auftreten. Bei tropischer Malaria muss es aber schnell gehen. Wird die Diagnose verschleppt und spät oder falsch behandelt, kann das tödlich enden!
Obwohl man sich also gut schützen könnte, verzichtet man auf Eigenschutz und belastet im Krankheitsfall unnötig die knappen Ressourcen vor Ort? Das ist modernes Kolonialherren-Denken! Auch mit Krankenhäusern vor Ort ist man für sich selbst verantwortlich. Wer fährt ohne Gurt Auto, nur weil es Rettungswägen gibt?
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