Fachkräfte sichern, Telepharmazie stärken, Gelder umverteilen – die geplante Apothekenreform steht bei den Praktikern in Verruf, die nächsten Streiks sind bereits in Planung. Um was es genau geht, lest ihr hier.
Die geplante Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sorgt bekanntlich für reichlich Diskussion und Widerstand innerhalb der Apothekenbranche. Nach Monaten der Stille rund um die Reform, die eigentlich bereits im April erwartet wurde, brachte eine Bürgerveranstaltung im hessischen Gudensberg neue Bewegung in die Debatte. Wie sehen die Pläne jetzt nach den Protesten der Apothekerschaft aus, und welche Reaktionen ruft die (überdachte?) Reform hervor?
Auf der Veranstaltung in Gudensberg stellte Thomas Müller, Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium (BMG), die geplanten Maßnahmen vor. Laut Müller sollen folgende Kernfelder als Basis der Reform dienen:
1. Moderate Erhöhung und Umverteilung der Vergütung
2. Fachkräftesicherung
3. Breitere Umsetzung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) in der Fläche
4. Hebung wirtschaftlicher Reserven
5. Telepharmazie
Die Ankündigung stieß bei vielen Berufsvertretern und Apothekern auf scharfe Kritik. Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands, äußerte sich deutlich: „Wenn diese Eckpunkte ins Gesetz kommen, werden wir nur verlieren. Dann lieber gar nichts.“ Vor allem die Absenkung des variablen Vergütungsanteils sorge für erhebliche Bedenken.
Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke zeigte sich entrüstet darüber, dass Müller auf der Bürgerversammlung Arzneimittel mit Schuhen und T-Shirts verglich. Sie betonte die grundlegenden Unterschiede: „Von nicht passenden Schuhen bekomme ich vielleicht eine Blase, das falsche Arzneimittel kann jedoch gravierende, teilweise lebensbedrohliche Auswirkungen für den Patienten haben.“ Diese Reduktion der Apotheker auf bloße Händler sei ihrer Ansicht nach nicht hinnehmbar – und an dieser Stelle werden ihr nicht nur die Apothekeninhaber sicherlich beipflichten.
Die ABDA fordert weiterhin eine pauschale Vergütungserhöhung, sieht sich jedoch mit einer fehlenden politischen Mehrheit konfrontiert. Müller betonte, dass die dynamische Anpassung des Apothekenhonorars ab 2027 vorgesehen sei, ähnlich wie bei den Ärzten. Doch die anhaltende Unsicherheit und die fehlende Unterstützung seitens der Politik sorgen für Frustration innerhalb der Apothekerschaft.
Dass der politische Wille zur Unterstützung der Apotheken vor Ort durch die Bürger existiert, zeigte sich in Gudensberg glücklicherweise ebenso. Die Apotheken im Schwalm-Eder-Kreis hatten zu diesem Anlass 10.000 Unterschriften gesammelt, um ihre Forderungen zu untermauern. Dieser Einsatz fand auch bei den anwesenden Politikern Beachtung, was Hoffnung auf zukünftige positive Entwicklungen macht.
Die geplante Apothekenreform sollte eigentlich ein Schritt in Richtung Modernisierung und Anpassung an die heutigen Anforderungen des Gesundheitssystems sein, doch der Widerstand innerhalb der Branche zeigt, dass viele der vorgeschlagenen Maßnahmen kritisch betrachtet werden und erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Stabilität und die Arbeitsbedingungen in den Apotheken haben könnten. Selbst die Standesvertretung der PTA steht der vermeintlichen Aufwertung ihrer Mitglieder nicht positiv gegenüber. Die immer neuen Hiobsbotschaften – seien es die erwarteten Reformen, bei der die Apotheken erheblich Federn lassen werden oder auch die aktuellen Sorgen, die das Skonto-Urteil des BMG mit sich bringt, die Apothekenlandschaft kommt nicht zur Ruhe.
Es bleibt abzuwarten, wie die endgültige Fassung der Reform aussehen wird und ob die Bedenken und Vorschläge der Apotheker ausreichend berücksichtigt werden. Eines ist jedoch sicher: Die kommenden Monate und Jahre werden für die Apothekenbranche entscheidend sein und die Weichen für die Zukunft stellen. Geht es weiterhin in diesem Tempo bergab, dann steht die Branche vor der größten Umwälzung in ihrer Geschichte – und eine geschlossene Apotheke macht auch nach einer Neuwahl nicht plötzlich wieder auf.
Bildquelle: Ave Calvar, Unsplash