9 Milliarden Euro müssen Kassen jährlich für Bürgergeld-Empfänger zahlen. Dazu hacken Ärzte auf ihrem beruflichen Status herum. Wie wichtig ist euch der Erwerbsstatus eurer Patienten wirklich?
Am Ende des Beitrags könnt ihr an einer Kurzumfrage teilnehmen.
Das deutsche Gesundheitssystem gilt als eine der grundlegenden Säulen des Sozialstaats. Keiner fällt durch, jeder erhält bei Bedarf eine Behandlung – im Zweifelsfall kommt der Staat dafür auf. Die Gruppe der Bürgergeldbeziehern allerdings liegt nun nicht dem Staat sondern den Krankenkassen auf den Taschen. Ein Gutachten des Iges-Instituts hat nun gezeigt, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen jährlich rund neun Milliarden Euro für die gesundheitliche Versorgung von Bürgergeldbeziehern aufwenden müssen, Tendenz steigend.
Anstatt die Kosten also auf die Gesamtbevölkerung umzulegen, zahlen laut AOK-Bundesverband die Beitragszahler die Mehrkosten. Doris Pfeiffer vom GKV-Spitzenverband fordert, dass der Staat diese Kosten übernimmt, um die systematische Unterfinanzierung zu beenden und die Versorgung bedürftiger Bürger sicherzustellen.
Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes
Konkret in Zahlen gefasst, zahlt der Staat rund 39 % der Gesamtkosten dieser Bevölkerungsgruppe. Den Ausgaben in Höhe von 15,127 Milliarden Euro in 2022, standen 9,2 Milliarden Euro gegenüber, die aus Berlin vergeben wurden. Gerade bei den ohnehin klammen Kassen wäre eine Anpassung des Erstattungssatzes wichtig, wenn man nicht jedes Jahr über Sondermittel oder Beitragssatzerhöhungen sprechen möchte. Im Gegenteil: Anstatt die Sätze, auch aufgrund dieser Last, zu erhöhen, „hätten [wir] über Beitragssatzsenkungen sprechen können“, so Pfeiffer.
Schwierig nachvollziehbar erscheint die Rechnung, wenn man ins Detail geht. Während der Staat laut Iges-Gutachten je Bürgergeld-Empfänger eine monatliche Pauschale von 108,48 Euro zahlt (bei eigentlich benötigten 311,45 Euro, um die Kosten zu decken), erstattet er bei privat versicherten Bürgergeldlern 421,77 Euro aus Steuermitteln.
Nicht weit von den Abrechnungsmethoden und der Finanzlage der Kassen befindet sich die ärztliche Versorgung von Bürgergeldempfängern im Fokus. Zumal laut Iges-Bericht zuletzt nicht nur weniger Leistungen insgesamt in Anspruch genommen wurden – auch veränderte sich das Patientenbild dieser Gruppe durch den Zuzug junger ukrainischer Kriegsflüchtlinge und die Art der Leistungen (Pro-Kopf-Anstieg der Krankenhausversorgung aufgrund der Covid-19-Pandemie gestoppt).
Im gleichen Atemzug häufen sich zum Thema auf Patientenportalen die Fragen nach der medizinischen Notwendigkeit der Angabe einer Erwerbstätigkeit gegenüber dem behandelnden Arzt. Die Bandbreite reicht dabei von „die berufliche Belastung kann Auswirkung auf die Gesundheit haben und sollte dringend einkalkuliert werden“ bis „ich musste den Arzt wechseln, seit dieser weiß, dass ich ALG-Empfänger bin und mich herabwürdigend behandelt“. Wie seht ihr das – braucht ihr Angaben zum Beruf eurer Patienten? Anbei eine Kurzumfrage zu Thema.
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