Morgen ist Europawahl. Auch über die Zukunft der europäischen Gesundheitspolitik wird abgestimmt. Wir haben für euch einen Blick in die Parteiprogramme geworfen.
Ob AIDS, Influenza oder Corona – Zoonosen und andere Epidemien machen vor Ländergrenzen keinen Halt. Naheliegend ist da, dass auch deren Bekämpfung nicht begrenzt gedacht werden kann. Gleichzeitig hat das Europaparlament in Sachen Gesundheitspolitik lediglich eine ergänzende, rahmengebende Rolle – die konkrete Gestaltung der Versorgung ist nationalstaatliche Angelegenheit. Entsprechend widmet sich Brüssel in erster Linie grenzüberschreitenden Themen der öffentlichen Gesundheit wie der Arzneimittelversorgung, Forschung, Patientenrechten oder Daten-Infrastruktur.
Beispielhaft für die Arbeit sind diese erst kürzlich beschlossenen Verordnungen des Parlaments:
Aber lassen sich die Parteiprogramme nun im EU-Parlament überhaupt abbilden und was planen die einzelnen Fraktionen? Hier im Überblick:
Die Union sieht auch in Europa Potenzial für eine (Gesundheits-)Union und meint damit: Gemeinsame Spitzenforschung unterstützt durch einen „echten Europäischen Gesundheitsdatenraum.“ Dass man auch in Sachen Gesundheit gern an Traditionen anknüpft, offenbart der zweite Programmpunkt, in dem man den Status Europas als Apotheke der Welt forcieren möchte, indem man „investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie […] umfassender Patentschutz und vielfältigere Lieferketten“ fordert.
Daneben müsse man schweren Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer mit gemeinsamen Initiativen entgegentreten und „einen europäischen Plan für Herz-Kreislauf-Gesundheit sowie einen EU-Aktionsplan für psychische Gesundheit“ etablieren.
Hier geht’s zum Programm der CDU.
Das Europaprogramm der SPD sieht präventive Maßnahmen von Lieferengpässen sowie faire Preise für Arzneimittel als zentral an. Einen gemeinsamen Gesundheitsdatenraum sowie die regulären und guten Arbeitsbedingungen in Pflege und Betreuung sind zudem soziale Kernanliegen der Partei.
In Sachen Forschung zielt das rote Programm auf die Entwicklung neuartiger Antibiotika sowie die dazugehörige stärkere Beaufsichtigung der Antibiotikanutzung, „um auf die zunehmend grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohung der wachsenden Resistenz zu antworten“. Daneben sollen Therapieentwicklungen im Bereich der Autoimmunerkrankungen sowie den chronischen Folgen von Infektionskrankheiten unterstützt werden.
Hier geht’s zum Programm der SPD.
Das Programm der Grünen setzt auf Lerneffekte aus den letzten Epidemien und sieht das zentrale Ziel in der Stärkung der Präventionarbeit. Darin müsse insbesondere Adipositas, Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser vorgebeugt werden. Auf der anderen Seite muss die Verbreitung multiresistenter Keime eingedämmt werden und auch die mentale Gesundheit weiter in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht werden. Dazu gehöre auch die Erforschung der Auswirkungen von psychischen Erkrankungen und Neurodiversität wie auch Einsamkeit. Daneben sprechen sich auch die Grünen für einen europäischen Gesundheitsdatenraum und eine bessere Arzneimittelversorgung aus.
Hier geht’s zum Programm der Grünen.
Die Liberalen setzen in erster Linie auf den Abbau von Bürokratie im Gesundheitswesen sowie die Unterstützung der globalen Gesundheitsstrategie der EU. Ersteres soll vor allem durch beschleunigte Zulassungsverfahren und Nutzenbewertungen gelingen. Mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt soll die Beschaffung von Medizinprodukten und Arznei stärker gemeinschaftlich organisiert werden.
Hier geht’s zum Programm der FDP.
Die AfD möchte laut Programm die Privatisierung deutscher Kliniken beenden, ist gegen einen europäischen Gesundheitsdatenraum, grundsätzlich gegen eine allgemeine Impfpflicht und gegen eine „medizinische Behandlung im Sinne des ,Gender Mainstreaming’“. Dafür ist sie für den sofortigen Stopp aller Corona-Impfungen, die Bewahrung des Heilpraktikerberufs und eine striktere Durchsetzung höherer deutscher Standards bei der potenziellen Anwerbung medizinischen Personals aus dem Ausland.
Hier geht’s zum Programm der AfD.
Das gesundheitspolitische Programm der Linken sieht vor, dem Binnenmarkt und dem EU-Wettbewerbsrecht die Themen Pflege und Gesundheit zu entziehen und so die öffentliche Daseinsfürsorge zu stärken. Konkret: Krankenhaus- und Pflegekonzerne sollen in die öffentliche Hand überführt werden, Medizintechnik und Pharmaindustrie sollen sich am Gemeinwohl orientieren. Daneben gelte es auch, die Gesundheitssysteme der Mitgliedsstaaten weiter zu verzahnen: „Wer sich in einem anderen Mitgliedsstaat aufhält und dort gesundheitliche Versorgung benötigt, muss sie erhalten. Der Zugang zu Gesundheitssystemen anderer EU-Staaten muss niedrigschwellig und diskriminierungsfrei sichergestellt sein.“ Weitere Themen sind eine bessere Gesundheitsversorgung von benachteiligten Vierteln, eine gut organisierte Vorratsplanung von Schutzmaterial für Pandemien, faire Arbeitsbedingungen/Bezahlung in der Pflege, die Entkriminalisierung von Drogen sowie eine kostenlose und qualifizierte Psychotherapie.
Hier geht’s zum Programm der Linken.
Die Freien Wähler sprechen sich für den Erhalt der „wohnortnahen Gesundheitsversorgung“ aus. Bedeutet: Sie sind gegen eine Ausweitung der Kompetenzen der EU im Gesundheitswesen. Einzig solle die EU Projektförderung (wie bei Drogen-Präventionsarbeit und zur Bekämpfung von Malaria oder AIDS) übernehmen und koordinierende Funktion behalten. Daneben soll die Unabhängigkeit Europas von der Zulieferung aus Drittländern energischer vorangetrieben werden und eine „mittelstandsfreundliche Überarbeitung des europäischen Datenschutzrechts“ erfolgen.
Hier geht’s zum Programm der Freien Wähler.
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