168 Sitzungen, Workshops und Diskussionen, 117 Aussteller:innen und 4.628 Pflegende, Ärzt:innen, Wundexpert:innen und Mitarbeitende aus der Gesundheitsbranche und der Forschung – das war der Deutsche Wundkongress vom 15. bis 17. Mai 2024 in Bremen, der damit einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und zukünftige Entwicklungen in der Pflege und Wundtherapie gab und gesundheitspolitische Themen wie den Fachkräftemangel oder die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflege diskutierte.In der angeschlossenen Fachausstellung präsentierten 117 Firmen und Dienstleister ihre Arbeit und Produkte für die Pflege und die Wundtherapie. Wer sich zum HARTMANN Stand begab, wurde sofort auf den Star des diesjährigen Forums aufmerksam: Zetuvit® Plus Silicone Border. „Goodbye Schäume!“ prangte in großen Lettern an der Stellwand und wies die Besucher:innen auf eine neue Generation der Wundauflage Zetuvit® Plus Silicone Border hin. Die Silikon-SAP-Wundauflage ist ein Allrounder für die Wundversorgung, denn sie eignet sich für die Behandlung eines breiten Spektrums sowohl von akuten als auch von chronischen Wunden mit mäßiger bis starker Exsudatbildung.Ebenfalls im Fokus stand bei HARTMANN das Wund-Balance-Kontinuum.1 Dabei handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der von einem internationalen Expertengremium entwickelt wurde und der Patient:innen in den Mittelpunkt stellt. Ziel ist, die Komplexität der Wundversorgung zu verringern und die Lebensqualität der Patient:innen zu verbessern.
Das neue Behandlungskonzept war auch Thema des Symposiums von HARTMANN mit dem Titel „Wund-Balance-Kontinuum. Ein neues Konzept für die Wundversorgung“ und stieß bei den Kongressbesuchern auf großes Interesse. Die wichtigsten Fakten haben wir hier für Sie zusammengefasst
Prof. Smola, Professor für Dermatologie an der Uniklinik Köln und Ärztlicher Direktor der PAUL HARTMANN AG, ging auf das Management und die Rolle von Biomarkern bei chronischen Wunden ein. Das Ziel ist es die Heilung zu normalisieren. Entscheidend dabei ist die Wahl des Wundauflagematerials: Polyacrylat-Superabsorber können Flüssigkeit aufnehmen, Proteine binden und so das Proteaseniveau auf 13 bis 15 % effizient senken.2 Diese Superabsorber binden zudem divalente Ionen, die für Proteasen essentiell sind. Diese duale Wirksamkeit konnte in einer Studie bei chronischem Ulcus cruris venosum (n =47) und akuten Spalthautwunden (n = 10) bestätigt werden.4 Es konnte gezeigt werden, dass sich die Muster der biochemischen Marker innerhalb der ersten 14 Tage dem Muster akuter Wunden angeglichen haben. Das bedeutet, dass die Wundauflagen die Entzündung umdrehen können, unabhängig davon, ob die Patient:innen viele Bakterien in der Wunde haben oder nicht. Dadurch wird die Wundheilung langfristig befördert, auch wenn der eigentliche Effekt klinisch erst viel später sichtbar ist.
Wie das neue Konzept für die Wundversorgung in der Praxis umgesetzt werden kann, erläuterte die Oberärztin und Leiterin des Wundzentrums Dermatologie an der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen, PD Dr. med. Cornelia Erfurt-Berge, in ihrem Vortrag „Das Wund-Balance-Kontinuum und seine Rolle in der klinischen Praxis“. Der Fokus dabei liegt auf den Patient:innen: Deren Bedürfnisse, Erwartungen an Behandler:innen und geforderte Therapieadhärenz müssen zusammengebracht werden. Wichtig sei auch die frühzeitige Identifizierung kritischer Wunden, denn viele Patient:innen würden sehr spät – mitunter erst nach zwei Jahren – vorstellig werden.
Als Beispiel für den patient:innenzentrierten Ansatz stellte sie einen 80-jährigen Patienten aus ihrer Wundambulanz mit einem venösen Ulcus vor. Zwar sind chronisch venöse Wunden anfangs oft weniger schmerzhaft, die auftretenden Komplikationen verursachen aber großen Leidensdruck. Fragen zu Wundveränderungen wie häufigere Verbandswechsel oder Geruch konnten mithilfe eines Fragebogens gestellt werden. Dieser bot einen guten Gesprächseinstieg zu belastenden Einschränkungen der Lebensqualität. Laut Erfurt-Berge sei darüber hinaus das Empowerment der Patient:innen durch eine Anleitung der Selbstversorgung wichtig, um die Adhärenz aufrecht zu erhalten.
Gerade in Bezug auf die Adhärenz sei es wichtig, depressive Erkrankungen bei Patient:innen mit chronischen Wunden im Auge zu behalten – diese können sich negativ auf die Adhärenz auswirken. Diese können mit Hilfe eines Fragebogens oder in Gesprächen erfasst werden. Unterrepräsentiert sei für die Wundexpertin das Thema Ernährung, denn auch adipöse Patient:innen könnten eine Mangelernährung haben, wenn sie beispielsweise einen hohen Proteinverlust über eine große Gamaschen Ulzeration hätten. Es ist also wichtig, mit Patient:innen ins Gespräch zu kommen, sei es mit Hilfe eines Fragebogens oder im Behandler:innengespräch.
Neben der Lebensqualität der Patient:innen spielt auch die Kausaltherapie eine große Rolle für die Behandlung der Wunde. Am Beispiel eines Patienten stellte Erfurt-Berge eine erfolgreiche Therapie mit Superabsorbern vor. Der 54-jährige Koch wurde mit einer zweijährigen Wunde stationär aufgenommen. Nach der Behandlung der Mazerationen mit Superabsorbern und einer adäquaten Kompression hat sich die Lebensqualität des Patienten deutlich verbessert. Verantwortlich dafür ist insbesondere die Verringerung der Exsudatmenge, denn die Verbände nässen und riechen nicht mehr und müssen auch seltener gewechselt werden. Im Anschluss an die stationäre Behandlung erfolgte die Aufnahme des Patienten in die Wundsprechstunde, um die weitere Versorgung z. B. mit Hilfe eines Pflegedienstes zu initiieren und einen möglichen Wiedereinstieg in das Berufsleben anzustreben. Entscheidend für den Erfolg war der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses mit dem Patienten.
Das Vertrauensverhältnis ist für den Fachtherapeuten und Wundexperten ICW sowie Teamleiter der IVDP am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), John Schäfer, ein zentrales Thema bei der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden. Patient:innen kommen erst nach einer langen Odyssee in die Uni-Klinik und haben zu diesem Zeitpunkt oft bereits das Vertrauen in die Wundpflege verloren. Dieses könne aber durch das Eingehen auf die Bedürfnisse der Patient:innen zurückgewonnen werden. Dabei müssen von medizinischen Fachkräften auch weniger offensichtliche Faktoren wie finanzielle Auswirkungen, soziales Umfeld, häusliche Umgebung, psychosoziale Faktoren etc. berücksichtigt werden. Daher ist es für medizinische Fachkräfte umso wichtiger, sich das Leben mit der Wunde aus Patient:innensicht schildern zu lassen – nur so können gerade auch psychosoziale Faktoren wie Scharmgefühl, Einsamkeit und vieles weitere erkannt werden.
Darüber hinaus zeigte Schäfer am Beispiel einer Patientin mit Pyoderma gangraenosum, wie die Wundauflage die Lebensqualität beeinflussen kann. Die Patientin litt unter Wundgeruch, welcher mittels eines Verbandes mit Aktivkohle behandelt wurde. Zwar konnte der Geruch so bekämpft werden, aber gerade das Ablösen des Verbandes führte zu großen Schmerzen. Die Lösung: Mit der hydroaktiven Wundauflage HydroClean® erfuhr sie dank der kontinuierlichen Wundspülung schmerzfreie Verbandwechsel und kühlende Effekte. Der Verbandswechsel führte darüber hinaus auch zur Stärkung ihres Vertrauens in die weitere Behandlung.
Der validierte Fragebogen Wound-QoL (Quality of Life)3 ermöglicht es, die Lebensqualität bei Wunden zu erfassen. Er fragt innerhalb von 17 Fragen die Patient:innenerfahrungen der letzten sieben Tage in den Bereichen Alltag, Körper und Psyche ab. So können Fortschritte dokumentiert und gleichzeitig Vertrauen geschaffen werden. Die Therapieziele in Bezug auf die Wunde sollten SMART formuliert werden: spezifisch, messbar, attraktiv (z.B. mehr soziale Teilhabe), realistisch und terminiert. Als Mit-Autor des Whitepapers resümierte John Schäfer, dass sich die Experten alle einig darin waren, die Lebensqualität und den Patienten beim neuen Wund-Balance-Kontinuum deutlich mehr in den Mittelpunkt zu stellen: „Bei diesem Konzept geht es darum, den Schwerpunkt von der Wundbehandlung auf die Wundheilung zu verlagern“, fasste John Schäfer zusammen.
Neben dem "Wund-Balance-Kontinuum" wurden beim DeWu auch andere spannende Themen behandelt. Darunter auch die Zukunft der Wundheilung, die sich auf Prävention, Adhärenz und Edukation konzentriert. Alle Informationen zu diesen "keywords of woundheeling" wurden in diesem Artikel zusammengefasst.
Übrigens können Sie hier noch in unserem Video sehen, was so alles beim diesjährigen Wundkongress am Stand von HARTMANN passiert ist:
Referenzen: