Frauen nehmen mitunter Acetylsalicylsäure zur Rezidivprophylaxe nach einem Mammakarzinom ein. Spoiler: Davon profitieren sie nicht – trotz etlicher Medienberichte.
Zahlreiche Studien haben Hinweise geliefert, dass Acetylsalicylsäure (ASS) die Sterblichkeit durch Krebserkrankungen, vor allem durch gastrointestinale Tumoren, verringern könnte. Die Chemoprävention von kolorektalen Karzinomen beispielsweise erklären Forscher damit, dass ASS Gene induziert, die tumorsuppressive microRNAs kodieren.
Nun gleicht keine Krebserkrankung der anderen – und detaillierte Untersuchungen zum Nutzen sind für jede Krebsart erforderlich. Beobachtungsstudien mit Frauen nach erfolgreicher Brustkrebs-Therapie deuten zumindest darauf hin, dass ASS die Überlebenschancen verbessern könnte. Aber es gab bislang keine hochwertigen prospektiven Studien, um für mehr Evidenz zu sorgen.
Eine neue Studie sollte den Nutzen bei Mammakarzinomen klären. Die Forscher konzipierten ihre Arbeit als randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-III-Studie. Sie rekrutierten in den USA und in Kanada 3.020 Personen (3.004 Frauen und 16 Männer) mit nicht metastasiertem Hochrisiko-Brustkrebs. Ihre Analyse lief vom 6. Januar 2017 bis zum 4. Dezember 2020, mit Nachbeobachtung bis zum 4. März 2023.
Alle Teilnehmer wurden randomisiert und stratifiziert anhand folgender Kriterien:
Sie erhielten täglich 300 mg ASS (n = 1.510) oder Placebo (n = 1.510) für 5 Jahre.
Bei der ersten Zwischenanalyse hat der Daten- und Sicherheitsausschuss empfohlen, die Studie abzubrechen. Der Grund: Bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 33,8 Monaten wurden 253 Rezidive erfasst, nämlich 141 in der ASS-Gruppe und 112 in der Placebo-Gruppe. Daraus ergibt sich eine Hazard Ratio von 1,27. Alle Ereignisse wie Tod, invasive Progression und neue primäre Erkrankungen waren in der ASS-Gruppe zahlenmäßig häufiger als in der Placebo-Gruppe – jedoch ohne statistisch signifikanten Unterschied. Die Raten der unerwünschten Ereignisse der Grade 3 und 4 waren in beiden Gruppen ähnlich.
„Bei Teilnehmenden mit nicht metastasiertem Hochrisiko-Brustkrebs verbesserte eine tägliche ASS-Therapie das Risiko eines Brustkrebsrezidivs oder die Überlebensrate in der frühen Nachbeobachtungsphase nicht“, fassen die Autoren zusammen. „Trotz seiner vielversprechenden Wirkung und seiner breiten Verfügbarkeit sollte ASS nicht als adjuvante Brustkrebstherapie empfohlen werden.“
Die Enttäuschung war groß. „Kann die tägliche Einnahme von 300 mg Aspirin das invasive krankheitsfreie Überleben bei Personen mit der Diagnose nicht metastasierter, risikoreicher Brustkrebs verbessern? Die Antwort ist ein ziemlich eindeutiges Nein“, heißt es im begleitenden Editorial. Für Ärzte sei es jetzt die Herausforderung, negative Ergebnisse an Patienten zu kommunizieren – vor allem angesichts zahlreicher Berichte zum vermeintlichen Nutzen in Laienmedien.
Die Ergebnisse werfen aber auch Fragen zur Konzeption der Studie auf. „Was wäre beispielsweise, wenn die Einnahme unmittelbar nach der Diagnose oder mit Beginn der Primärtherapie begonnen würde?“, heißt es im Editorial weiter. Die mediane Gesamtzeit von der Diagnose bis zur Randomisierung betrug 13 Monate. Aber Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs hatten die Möglichkeit, bis zu zehn Jahre nach der Diagnose an der Studie teilzunehmen.
„Könnte ein Zeitfenster für eine Subgruppe verpasst worden sein, in dem ASS, andere entzündungshemmende Medikamente oder Verhaltensinterventionen invasive Ereignisse vielleicht wirksam verhindert hätten?“, fragen sich deshalb die Kommentatoren. Die Antwort geben nur weitere Studien.
Quellen:
Chen et al. Aspirin vs Placebo as Adjuvant Therapy for Breast Cancer. JAMA, 2024. doi: 10.1001/jama.2024.4840.
Mandelblatt et al. The Aspirin Conundrum—Navigating Negative Results, Age, Aging Dynamics, and Equity. JAMA, 2024. doi: 10.1001/jama.2024.4828.
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