Nach einem Jobwechsel fühlt sich ein junger Mann körperlich angeschlagen – das ist bestimmt nur der Stress, denkt er. Bis er eines morgens seine Beine nicht mehr bewegen kann. Was steckt wirklich dahinter?
Ein 27-jähriger Patient stellt sich in der Notaufnahme vor. Über die letzten Monate habe er zunehmend Schlafschwierigkeiten, weichen bis flüssigen Stuhl, zitternde Hände und 5 kg Gewicht verloren. Da er vor fünf Monaten einen neuen Job in einem neuen Land angefangen hatte, habe er die Symptome bisher immer als stressbedingt eingeordnet. Als er an diesem Morgen aufwachte, konnte er allerdings seine Beine nicht mehr bewegen – vielleicht steckt also doch mehr als Stress dahinter.
Bei der Untersuchung fallen neben dem Tremor in den Händen und der Myalgie in den Beinen ein abnormales EKG und eine Hypokaliämie (1,8 mmol/l) auf. Die Ärzte verabreichen dem Patienten daraufhin 60 meq Kalium und drei Stunden später kann er sowohl Arme als auch Beine wieder ohne Probleme bewegen. Die Ärzte machen sich nun auf Ursachensuche (rate hier mit).
Die Ärzte kommen zu dem Schluss, dass es sich um eine intrazelluläre Kaliumverschiebung handelt. Diese kann vererbbar sein, allerdings weiß der Patient von keinen betroffenen Familienmitgliedern. Zudem treten Symptome in der Regel vor dem 20. Lebensjahr auf. Deshalb stellen die Ärzte die Diagnose thyreotoxische periodische Paralyse (TTP).
Bei der TTP handelt es sich um eine Erkrankung, bei der es zu einer Na+/K+-ATPase-Sensitivität kommt. Das Hauptsymptom ist eine intermittierende und oft voranschreitende proximale Muskelschwäche bei Hypokaliämie. Diese Episoden können unter anderem durch hohe Kohlenhydrataufnahme, starke körperliche Anstrengung oder auch einfach das morgendliche Aufwachen ausgelöst werden. Die Behandlung besteht aus der Korrektur der Hypokaliämie.
Eine Genstudie legte nahe, dass es sich um einen molekularen Subtyp von Morbus Basedow handelt. Auch bei dem beschriebenen Patienten zeigte sich in der weiteren Untersuchung eine diffus vergrößerte Schilddrüse.
In diesem Fall rieten die Ärzte dem Patienten zunächst zu einigen Lebensstilveränderungen, um mögliche Trigger von Lähmungs-Episoden zu vermeiden. Dazu zählen kohlenhydratarmes Essen, Vermeidung von starkem und schnellem Anstieg von Katecholaminen und Verzicht auf Alkohol. Schließlich entschieden sie außerdem, die Schilddrüse komplett zu entnehmen. Dabei konnte auch der Verdacht auf Morbus Basedow bestätigt werden. Der Patient erholte sich gut von der Operation, ist seitdem symptomfrei und kann seinem Alltag wieder normal nachgehen.
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