Pflanzen, die Pestizide im Wasser anzeigen und Zungenbrecher als Indikator für Fahrtüchtigkeit. Das und mehr in unseren Nerd News.
Virtuelle Realität (VR) ist nicht nur auf Spiele und Unterhaltung beschränkt, sondern bietet auch wertvolle Möglichkeiten für Wissenschaft und Medizin. Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben nun durch den Einsatz von VR-Technologie neue Einblicke in die menschliche Wahrnehmung gewonnen. In ihren Experimenten verwendeten sie Virtual-Reality-Szenarien, bei denen den Teilnehmer ihren eigenen Körper mit einem virtuellen Objekt berührten. Die Probanden berichteten von einem Kribbeln an der Stelle, an der der virtuelle Körperkontakt stattfand, obwohl kein physischer Kontakt bestand.
„Es ist allerdings wichtig, zwischen den tatsächlichen Empfindungen der Phantomberührung und anderen kognitiven Prozessen zu unterscheiden, die bei der Berichterstattung solcher verkörperten Empfindungen eine Rolle spielen können – wie beispielsweise Suggestion oder experimentelle Rahmenbedingungen“, erklärt Studienautor Artur Pilacinski.
Wissenschaftler vermuten, dass Veränderungen in der Tonhöhe und Frequenz der Stimme genutzt werden könnten, um Personen auf ihren Alkoholpegel hinzuweisen. Dr. Brian Suffoletto erklärt, dass dieser Ansatz viele zukünftige Anwendungsmöglichkeiten biete: „Eine naheliegende Anwendung wäre ein Zündschloss für Fahrzeuge, das verhindert, dass ein Fahrer sein Auto startet, wenn er den ‚Stimmtest‘ nicht besteht. Dies könnte auch in risikoreichen Berufen wie bei Schulbusfahrern oder Baumaschinenführern eingesetzt werden, um die öffentliche Sicherheit zu erhöhen.“
Suffoletto fügt hinzu, dass ein Zungenbrecher als eine Art stimmlicher Stresstest genutzt wurde, um Veränderungen zu erzeugen, die beim Sprechen normaler Sätze nicht auffallen würden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Stimmanalyse eine Alkoholvergiftung mit einer Genauigkeit von 98 % vorhersagen konnte. Eine Vergiftung wurde dabei als eine Atemalkoholkonzentration von über 0,08 % definiert, was der gesetzlichen Blutalkoholgrenze für Autofahrer in den USA entspricht.
Während einer Dürre trocknet der Boden aus – dadurch produzieren Pflanzen vermehrt das Hormon Abscisinsäure (ABA). Nun konnte ein Forschungsteam zeigen, dass ABA-Rezeptorproteine darauf trainiert werden können, an andere Chemikalien als ABA zu binden – die Pflanze wird dann leuchtend rot. Das könnte in Zukunft bei der Detektion gefährlicher Chemikalien im Wasser hilfreich sein.
So verändert sich die Pflanze. Credit: Cutler et al.
„Das Wichtigste dabei ist, dass wir einen Umweltsensor geschaffen haben, ohne den natürlichen Stoffwechsel der Pflanze zu verändern“, sagt Ian Wheeldon, außerordentlicher Professor für Chemie- und Umwelttechnik an der UCR. „Früher hätte die Biosensorkomponente die Fähigkeit der Pflanze beeinträchtigt, in Richtung Licht zu wachsen oder bei Stress kein Wasser zu verbrauchen.“
Für ihr Experiment nutzte das Team Azinphosmethyl, ein Pestizid, das aufgrund seiner Toxizität für den Menschen in vielen Regionen verboten ist. „Diese Arbeit zeigt eine visuelle Reaktion auf eine Chemikalie [Azinphosmethyl] in Pflanzen“, sagt Sean Cutler, Professor für Pflanzenzellbiologie. Für die Zukunft wünschen die Forscher sich, mehr schädliche Chemikalien – aber auch Medikamente wie Antibabypillen oder Prozac – durch diesen Prozess sichtbar und so die Wasserversorgung sicherer machen zu können.
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