Künstliche Intelligenz revolutioniert alle Bereiche der Medizin, auch die Gastroenterologie. Sie assistiert bei der Diagnostik, der Therapie – und bei lästigen Verwaltungsaufgaben. Wo stehen wir?
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Schon heute stemmen Tools der künstlichen Intelligenz Aufgaben in der Gastroenterologie, etwa bei der Analyse von Bilddaten, bei der Durchführung von Eingriffen oder bei der Ermittlung von Prognosen. In Zukunft könnten Sprachmodelle (Large Language Models) wie ChatGPT Ärzte auch bei der Dokumentation oder der Kommunikation unterstützen.
Große Fortschritte gibt es im Bereich der bildgebenden Diagnostik. Bilddaten der Endoskopie, der Sonografie, des Röntgens, der Computer- oder Magnetresonanztomografie werden immer detailreicher – und die Datensätze werden größer. KI unterstützt Ärzte, Bilddaten sicher und rasch auszuwerfen.
So spielt KI ihre Stärken bei endoskopischen Techniken im gesamten gastrointestinalen Bereich aus. Im oberen GI-Trakt können KI-unterstützte Analysen dazu beitragen, eine Refluxösophagitis zu detektieren oder einen Barrett-Ösophagus von einem Adenokarzinom zu unterscheiden. Auch erkennen Algorithmen eine ösophageale Motilitätsstörung anhand des Schluckmusters, werten Daten der pH-Metrie bei Verdacht auf Reflux aus. Sie assistieren zudem bei der molekularbiologischen Diagnostik einer eosinophilen Ösophagitis. Mit den entsprechenden Daten gefüttert, helfen KI-basierte Analysetools Ärzten bei der Früherkennung von Magenkrebs.
Bei einer Koloskopie unterstützen Deep-Learning-Tools, im Notfall Blutungen und Läsionen zu finden, sowie Polypen und Adenome zu erkennen. Zwar gibt es momentan erst wenige zugelassene Systeme der KI-unterstützen Endoskopie, aber die Entwicklung schreitet voran.
Komplexe KIs, die auf dem Deep-Learning-Algorithmen und auf künstlichen neuronalen Netzen basieren, sind laut Studien in vielen Fällen besser darin, Prognosen über den weiteren Verlauf von Erkrankungen zu stellen als einige Scoring-Systeme. Das gilt etwa für akute und für chronische Pankreatitis.
Die Chirurgie im Gastrointestinaltrakt hat sich über Jahre hinweg weiterentwickelt – hin zu minimalinvasiven (laparoskopischen und robotergestützten) Verfahren. Dass Ärzte besonders diffizile Eingriffe mit Hilfe eines Roboterarms ausführen, ist nicht neu. Die Zusammenarbeit von KI-Algorithmen mit OP-Robotern könnte jedoch die Effizienz von Eingriffen verbessern. Einige Vorteile laut Studien sind:
Neben chirurgischer Robotik gewinnen Techniken wie die Virtuelle Realität (VR) und die Augmented Reality (AR) an Relevanz. Beide Techniken nutzen Ärzte zusammen mit KI-Anwendungen, um die genaue Vorgehensweise zu planen, etwa bei kolorektalen Karzinomen. Auch während des Eingriffs selbst helfen Algorithmen Operateuren bei der Entscheidungsfindung, um verschiedene Gewebe zu unterscheiden. Kombiniert mit bildgebenden Verfahren lässt sich KI-unterstützt bei einer Operation in Echtzeit der beste Weg durch anatomische Strukturen finden.
Doch damit nicht genug. Weitere Einsatzgebiete liegen im Bereich der Verwaltung und Dokumentation. So könnte ChatGPT Ärzten viele Aufgaben abnehmen, sogar, um Empfehlungen auszusprechen, wann sich Patienten zur nächsten Koloskopie vorstellen sollten. Häufige Patientenfragen zu Untersuchungen beantworten KI-Tools ebenfalls. ChatGPT und anderen Large Language Models haben außerdem das Potenzial, vielfältige administrative Jobs von der Patienten-Dokumentation über Terminplanung bis zu vorbereiteten Arztbriefen zu übernehmen.
Am Fachwissen sollte es nicht scheitern, falls die Trainingsdatensätze gut genug waren: Forscher haben ChatGPT und die LLM-Anwendung Perplexity AI schriftliche italienische Facharztprüfungen in Gastroenterologie absolvieren lassen – mit einem hervorragenden Ergebnis von bis zu 94 Prozent korrekter Antworten.
Die Studienlage zeigt, dass KI von der Diagnostik und Therapie bis hin zur Administration und Dokumentation vielfältige Aufgaben übernehmen kann. Solche Algorithmen sind aber nur so gut – oder schlecht – wie ihr Satz an Trainingsdaten. Auch sollten Ärzte wissen, wie ein Algorithmus arbeitet. Als „black box“ bei unklarer Entscheidungsfindung sind sie wenig hilfreich, sogar gefährlich. Und nicht zuletzt müssen Anwendungen in methodisch hochwertigen Studien untersucht werden.
Diagnostik und Therapie: KI unterstützt in der Gastroenterologie bei der Bildanalyse, Prognosen und chirurgischen Eingriffen.
Verwaltung: KI kann auch Verwaltungsaufgaben wie Dokumentation, Terminplanung und das Erstellen von Arztbriefen übernehmen.
Chancen und Risiken: Die Chancen von KI sind groß, doch sie hängen stark von der Qualität der Trainingsdaten und der Transparenz der Systeme ab.
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