Seit rund zwei Jahren spielt die Krebsimmuntherapie auch beim operablen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) eine wichtige Rolle – Grund genug, um einigen wichtigen Fragen nachzugehen. Rede und Antwort steht dafür der Onkologe Dr. Jan Stratmann vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg. In drei aufschlussreichen Videos schildert der Experte, welche Rolle die Operabilität des Tumors für adjuvante und neoadjuvante systemische Therapien spielt, gibt wertvolle Tipps für den klinischen Alltag und wagt schließlich einen Blick darauf, wie die Zukunft der Krebsimmuntherapie aussehen könnte.
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Ziel beim operablen NSCLC ist die R0-Resektion. Doch um diese zu erreichen, gelte es einiges zu beachten, weiß Dr. Stratmann. Zur Einschätzung der Operabilität seien tumorassoziierte Faktoren (wie zum Beispiel Lage, Größe, Beteiligung von Bronchien oder Gefäßen), patientenassoziierte Aspekte (wie Performance Status, Lungenfunktion) und biologische Eigenschaften des Tumors (u. a. Biomarker wie PD-L1, ALK, EGFR) zu nennen.
„Die wichtigste Prämisse, die wir in den frühen Stadien immer noch haben, ist, dass der Standard of Care, nämlich die chirurgische Entfernung des Tumors und all seiner Anteile, nicht gefährdet wird“,
so der Onkologe. In die Überlegung zur Operabilität fließe daher auch die Frage ein, ob eine neoadjuvante oder eine adjuvante systemische Behandlung Bestandteil der Strategie sei. In der Neoadjuvanz könne es z. B. in bestimmten Fällen dazu kommen, dass der Krebs unter Therapie weiter fortschreitet und nicht mehr reseziert werden könne. Warum bei Patient:innen die Adjuvanz vorteilhaft sein kann, erläutert Dr. Stratmann im Video.
Frühe NSCLC-Fälle in limitierten, operablen Stadien seien oft Zufallsbefunde – Patient:innen kommen wegen eines Traumas in die Notaufnahme oder werden aus anderen Gründen geröntgt, berichtet Dr. Stratmann. Für Patient:innen bedeutet dies Glück im Unglück, denn im frühen Stadium erkannt besteht eine Chance, den Krebs zu besiegen: Das Therapieziel sei hier immer die Heilung von der Erkrankung.
Dafür werde das Therapiekonzept rund um die Operation interdisziplinär beschlossen: Kommen Systemtherapie und/oder Bestrahlung infrage? Eignet sich der/die Patient:in eher für die Neoadjuvanz oder die Adjuvanz? Wichtig für die Diskussion im Tumorboard seien vor allem die Ergebnisse bestimmter Testungen, so Dr. Stratmann:
«Wir testen alle Patienten in den frühen Stadien auf mindestens drei Dinge: Das ist der PD-L1-Status auf den Tumor- und auf den Immunzellen. Das ist EGFR und ALK - ohne diese Information verfassen wir keine Therapiestrategie.»
Welche besondere Rolle die PD-L1-Expression für die Wahl der Krebsimmuntherapie spielt, führt Dr. Stratmann im Interview weiter aus.
Die Behandlungsoptionen haben sich in allen NSCLC-Stadien rasant entwickelt. Die Anzahl der verfügbaren Instrumente wächst weiter, doch es sind noch Fragen offen. Zum Beispiel sei noch nicht vollständig geklärt, welche Patientengruppe besonders von einer Krebsimmuntherapie profitieren könne, so Dr. Stratmann. Auch die Frage nach der passenden Sequenz von OP, Chemo, Krebsimmuntherapie und Bestrahlung sei noch nicht vollständig geklärt. Zur Frage, ob die Immuntherapie die Chemotherapie irgendwann komplett ablösen wird, hat der Experte einen eindeutigen Wunsch:
«Wenn wir irgendwann mal die lästige Chemotherapie loswerden, dann wäre das sicherlich ein unglaublich großer onkologischer Erfolg.»
Bei einigen Tumoren seien zwar Behandlungserfolge bisher nur mit einer Chemotherapie zu erzielen, doch insgesamt biete die Krebsimmuntherapie mit ihren denkbaren Entwicklungs- und Kombinationsmöglichkeiten noch sehr viel Potenzial. Was die Zukunft noch bringen könnte, erfahren Sie im Video.
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