Forscher haben neue Erkenntnisse über die Entstehung von Kardiomyopathien gewonnen: Sie konnten zeigen, dass das Protein RBM20 ein ganzes Orchester von Zielmolekülen dirigiert, darunter eine Reihe neuer Mitspieler für diese lebensbedrohlichen Erkrankungen.
Vor zwei Jahren hatten der Genetiker Prof. Norbert Hübner und der Herz-Kreislauf-Forscher Prof. Michael Gotthardt (MDC) zusammen mit amerikanischen Kollegen gezeigt, dass RBM20 eine Schlüsselrolle für die Entstehung von Kardiomyopathien einnimmt. Dabei ging es um Titin, das größte Protein des Menschen. Titin sorgt dafür, dass sich die Herzkammern regelmäßig mit Blut füllen, um es dann angereichert mit Sauerstoff wieder in den Kreislauf zu pumpen. Eine Mutation in dem Gen des Helferproteins RBM20 verändert Titin in seinem Aufbau derart, dass das Herz schwächelt und den Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Aber wie sich jetzt unter anderem an Gewebeproben von Herzen von Patienten mit Herzversagen zeigt, hat das Protein RBM20 weitaus mehr Einfluss auf die Funktion des Herzmuskels, als bisher angenommen. Es bindet nicht nur an die RNA für Titin, sondern an viele andere verschiedene Zielstrukturen, darunter an die RNA von Genen, die die Forschung als Mitverursacher von Kardiomyopathien bereits kennt. RBM20 bindet aber auch an die RNA von Genen, von denen Dr. Maatz und ihre Kollegen vermuten, dass sie ebenfalls zu diesen schweren Herzerkrankungen beitragen, da sie zu dem von RBM20 regulierten Netzwerk gehören.
Entscheidend bei der Funktion von RBM20 ist ein Vorgang, den die Forschung als alternatives Spleißen bezeichnet. Dabei werden aus der in den Genen enthaltenen Bauanleitung für Proteine Exons herausgeschnitten und als Boten-RNA neu zusammengefügt, die die Zelle für die Herstellung von Proteinen braucht. Die Forscher konnten zeigen, dass RBM20 diesen Prozess, meist dadurch reguliert, dass es das Herausschneiden und den Zusammenbau von Exons unterdrückt, wodurch ein Protein kürzer wird. Alternatives Spleißen ändert somit den Aufbau der Proteine und im Falle des von RBM20 regulierten Spleißens können dadurch herzspezifische Varianten (Isoformen) eines Proteins entstehen.
Wie die Forscher jetzt wissen, bindet RBM20 nicht nur an die RNA für Titin, sondern auch an eine Reihe weiterer RNAs und verändert bei einer Mutation im RBM20-Gen deren Zusammenbau mit daraus resultierender Kardiomyopathie. „Wir konnten weiterhin zeigen, dass nicht nur Mutationen in RBM20, sondern auch die Menge an RBM20 einen Einfluss auf den Splicevorgang in Herzzellen von Kardiomyopathie-Patienten hat. Das ist klinisch relevant, da die Beeinflussung der RBM20 Menge ein mögliches therapeutisches Ziel sein könnte“, so Dr. Maatz. Originalpublikation: RNA-binding protein RBM20 represses splicing to orchestrate cardiac pre-mRNA processing Henrike Maatz et al.; Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI74523; 2014