Viele junge Menschen sind von schweren neurologischen Schäden durch Lachgas betroffen. Auch in Deutschland nehmen die Fälle zu. Wie schlimm ist die Lage wirklich und brauchen wir ein Verkaufsverbot?
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine Zusammenfassung
Bei Lachgas handelt es sich um Distickstoffmonoxid, das normalerweise als Inhalationsanästhetikum in bestimmten Situationen genutzt wird. Der Freizeitkonsum hat allerdings weltweit zugenommen. Das Gas löst bei den Konsumenten Euphorie und Halluzinationen aus. Ohne Überwachung durch medizinisches Personal kann der Gebrauch zu Schäden am gesamten Nervensystem führen.
Seit 2020 wurde ein rasanter Anstieg des Lachgas-Konsums in Paris festgestellt und erreichte Mitte 2021 seinen Höhepunkt. Eine aktuelle Studie erfasste von 2018 bis 2021 alle erwachsenen Patienten, die wegen einer Lachgas-Vergiftung eingeliefert wurden. Von 181 Patienten sind 25 % an einer Myelopathie erkrankt, 37 % an einer peripheren Neuropathie und 38 % an einer Kombination aus beidem. Dadurch stieg die Inzidenz der N2O-Myelopathie für 20–25-Jährige auf 6,15/100.000 und für periphere N2O-Neuropathien auf 7,48/100.000 Personenjahre. Zum Vergleich: Nicht N2O-assoziierte Myelopathien erreichten für das Alter eine Inzidenz von 0,35/100.000. Die Betroffenen stammten meist aus sozioökonomisch schlechteren Gegenden. Ganze 37 % der Patienten waren arbeitslos.
Grund für die Schäden soll ein funktioneller Mangel von Vitamin B12 sein. Werden Myelinscheiden durch den Mangel geschädigt, kommt es zu Taubheitsgefühlen – vor allem an den Füßen – und zu Gangstörungen. Im schlimmsten Fall kann auch eine Lähmung auftreten. Die parenterale Gabe von Vitamin B12 behandelt die Symptomatik zwar in den meisten Fällen. Doch nicht immer reicht die Infusion für eine vollständige Remission.
Insbesondere Menschen mit nicht ausreichender Vitamin-B12-Versorgung durch bestimmte Faktoren sind gefährdet. Dazu zählen eine vegetarische oder vegane Ernährung, regelmäßiger Alkoholkonsum, die Einnahme von bestimmten Medikamenten (beispielsweise Protonenpumpenhemmer) oder chronische Magen-Darm-Erkrankungen.
In Deutschland ist die Partydroge im Supermarkt oder im Kiosk um die Ecke frei verkäuflich. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Einige Politiker fordern daher ein Verkaufsverbot für Menschen unter 18 Jahren. In Großbritannien ist der Besitz bereits illegal, Dänemark und die Niederlande haben strenge Vorgaben. Ob sich ein Verkaufsverbot oder die Aufnahme in das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz durchsetzt, bleibt zurzeit noch offen.
Dawudi et al. Marked increase in severe neurological disorders after nitrous oxide abuse: a retrospective study in the Greater Paris area. J Neurol, 2024. doi: 10.1007/s00415-024-12264-w
Swart et al. Nitrous oxide-induced myeloneuropathy. Eur J Neurol, 2021. doi: 10.1111/ene.15077
Bildquelle: Getty Images, Unsplash