Eine langjährige und häufige Exposition gegenüber Pestiziden aller Arten (Herbizide, Fungizide, Insektizide) erhöht das Risiko, die Parkinson-Erkrankung zu entwickeln – bis hin zur Risikoverdopplung.1–3
Parkinson-Syndrom durch PestizideWährend der beruflichen Pestizidanwendung können die Giftstoffe durch die Haut, Atemwege und unter schlechten Arbeitsbedingungen auch oral in den Körper eindringen.3 Studien ließen darauf schließen, dass Pestizide unter anderem chronischen oxidativen Stress durch freie Radikale verursachen, die zur Neurodegeneration und damit zu Parkinson führen.3 Die vollständige Aufklärung, wie sich Umwelteinflüsse und genetische Mutationen auf das Parkinson-Risiko auswirken, steht noch aus.4 In einer kürzlich veröffentlichten Studie von Gonzales-Latapi et al. (2024) wurde die DNA-Methylierung als potenzieller Biomarker identifiziert.4,5 Dabei wurden beim Vergleich von 196 Parkinson-Patient*innen mit 86 gesunden Kontrollpersonen 75 verschiedene Gene mit differenten Methylierungsmustern ermittelt.4,5 Insbesondere innerhalb des CYP2E1-Gens zeigten sich im Studienzeitraum von drei Jahren konsistente Unterschiede in der DNA-Methylierung.4,5 Dies unterstützt die Annahme eines erhöhten Parkinson-Risikos bei Pestizidbelastung, denn das CYP2E1-Protein sei unter anderem für die Metabolisierung von Pestiziden verantwortlich.4,5 Weitere Untersuchungen von DNA-Methylierungs- und Genexpressionsmustern im Blut könnten die Diagnostik und Behandlung der Patient*innen verbessern.4,5
Frühzeitige Diagnose ist wichtigWenn Ihre Patient*innen mit Pestiziden in Berührung gekommen sind, können frühe Symptome auf pestizidbedingten Parkinson hinweisen, auch Jahre vor dem Entwickeln der motorischen Hauptsymptome wie Tremor, Akinese und Rigor.3 Zu den Frühsymptomen gehören Störungen des Geruchssinns, Stimmungsschwankungen (leichte Reizbarkeit) mit leichten Depressionen, Obstipation sowie atypische starke Bewegungen, Schreien oder Umsichschlagen während des Traumschlafs.3 Mit einer frühzeitigen Diagnose erhöhen sich die Chancen, den Krankheitsverlauf abzumildern.3 Mehr zur leitliniengerechten Parkinson-Therapie finden Sie hier.
Wird die Diagnose gestellt und ist auf eine gehäufte und regelmäßige Pestizidexposition im beruflichen Kontext zurückzuführen, soll es zukünftig möglich sein, die Anerkennung als Berufskrankheit zu prüfen.3 Dazu hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Empfehlung zur Anerkennung des „Parkinson-Syndroms durch Pestizide" als neue Berufskrankheit beschlossen.1 Die Empfehlung erfolgte nach langjährigen Beratungen und Auswertung einer Vielzahl an internationalen wissenschaftlichen Studien.1
Die Voraussetzungen dafür sind:1
Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, kann die Krankheit auch vor offizieller Aufnahme in die Berufskrankheitenverordnung als "Wie-Berufskrankheit" (nach § 9 Absatz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) anerkannt werden.1
Wer ist von der Berufskrankheit betroffen?Betroffen sind Personen, die im beruflichen Zusammenhang häufig und langjährig Pestiziden ausgesetzt waren und diese selbst angewendet haben.1 Dies trifft vor allem auf landwirtschaftliche Unternehmer*innen, deren mitarbeitenden Angehörigen sowie Beschäftigte in der Landwirtschaft zu.1
Wozu dient die neue Empfehlung?Durch die Empfehlung das Parkinson-Syndrom durch Pestizide als Berufskrankheit anzuerkennen, wurde eine einheitliche und aktuelle wissenschaftliche Grundlage geschaffen.1 Auf diese können sich Unfallversicherungsträger*innen und Gutachter*innen berufen, um entsprechende Fälle zu prüfen.1 Dadurch erlangen betroffene Personen Anspruch auf Unterstützung durch die Berufsgenossenschaft und es wird sichergestellt, dass sie Leistungen der Unfallsversicherungen wahrnehmen können.3
Die Empfehlung in voller Länge finden Sie hier.
Referenzen:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Empfehlung für neue Berufskrankheit "Parkinson-Syndrom durch Pestizide" beschlossen. Online: https://www.bmas.de/DE/Soziales/Gesetzliche-Unfallversicherung/Aktuelles-aus-dem-Berufskrankheitenrecht/empfehlung-berufskrankheit-parkinson-syndrom-durch-pestizide.html (abgerufen am 24.07.2024).
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