Viele Apotheken stehen finanziell schlecht da – aber deswegen den PTA nicht mal mehr das Tarifgehalt zu bezahlen, das geht gar nicht. Warum Apotheken vielleicht selbst schuld am Personalmangel sind.
Die Apothekenlandschaft steht vor einer ernsthaften Krise, die selbstverständlich auch die pharmazeutisch-technischen Assistenten betrifft. Vielen Inhabern steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Apotheken, die einst einmal dazu gedacht waren, bei ihrem Verkauf ein gutes Sümmchen für die Rente zu erbringen, können nur noch verschenkt werden – wenn sie überhaupt jemand haben möchte. Diese miese Stimmung schlägt natürlich auf die Mitarbeiter über. Immer mehr PTA kehren ihrem Beruf den Rücken – und das aus einem weiteren guten Grund: Die Bezahlung ist oft enttäuschend, sogar nach der Erhöhung des Tariflohns im Juli dieses Jahres.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt das Ausmaß des Problems. Im ersten und zweiten Berufsjahr verdient eine PTA aktuell 2.569 Euro, eine eher moderate Tariferhöhung von vorher 2.419 Euro. Doch selbst diese kleine Erhöhung wird aufgrund finanzieller Probleme der Inhaber nicht von allen Apotheken umgesetzt. Ein besonders krasses Beispiel aus einem PTA-Forum, bei dem ich fleißig mitlese, ist eine PTA, deren Chef weder die 100 Euro Gehaltserhöhung noch den zusätzlichen Urlaubstag oder die verkürzte Wochenarbeitszeit genehmigen wollte – im Hinblick darauf, dass ihm ja auch nichts geschenkt wurde. Ihre Bitte um ein Zwischenzeugnis führte zu heftigen Beschimpfungen – wohlgemerkt im Forum (!) und Vorwürfen der Illoyalität. Die Mitarbeiter hätten genauso zu leiden wie die Inhaber, wenn es einmal nicht so läuft.
Vergleicht man das PTA-Gehalt mit anderen Branchen, wird die Unzufriedenheit vieler verständlich. Bei ALDI Süd verdient eine Kassiererin in Vollzeit zwischen 2.500 und 3.166 Euro, bei Rossmann sieht es ähnlich aus. Warum also eine stressige Ausbildung und die immense Verantwortung in der Apotheke auf sich nehmen, wenn im Einzelhandel bessere Bedingungen herrschen?
Und wir müssen gar nicht so weit in andere Branchen hineinschielen. Die medizinischen Fachangestellten (MFA) haben kürzlich ebenfalls einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt, der ihnen bereits im ersten Berufsjahr über 500 Euro mehr im Monat einbringt. Im ersten Berufsjahr verdienen MFA abhängig von der Tätigkeitsgruppe nun bis zu 3.200 Euro, ein Plus von 22,3 %. Zudem steigert sich das Gehalt der MFA kontinuierlich bis zum 29. Berufsjahr, bei uns PTA ist ab dem 15. Berufsjahr das Ende der Fahnenstange erreicht. Wie oft liest man in der Zeitung, dass Arztpraxen verzweifelt suchen und auch Quereinsteiger aufnehmen … bei der Entlohnung wäre das für viele PTA sicher eine Option.
Bei allem Verständnis für die angespannte finanzielle Situation vieler Inhaber – das auf dem Rücken der Angestellten auszutragen ist nicht in Ordnung. Wenigstens das Tarifgehalt sollte drin sein, die tariflich festgelegten Arbeitsstunden sowie die Urlaubstage. Klar, die meisten von uns werden übertariflich entlohnt, gerade wenn sie auch einmal bereit sind, mehr zu tun als ihren 9-to-5-Job, wenn sie sich regelmäßig fortbilden, Zusatzverkäufe anbieten, gut beraten und auch mal ein paar Minuten länger bleiben, um die Kasse zu machen, in den Ferien für urlaubende Kollegen einspringen oder eine dringende Rezeptur auch mal nach Feierabend oder vor offiziellem Arbeitsbeginn anfertigen.
Ich weiß nur langsam nicht mehr, wie ich meinen Schülern noch in die Augen blicken soll, wenn sie diese anspruchsvolle Ausbildung absolvieren und ich sie dann in einen Job entlasse, der eigentlich nichts garantiert, außer die Altersarmut. Und das sind keine hohlen Sprüche, denn die beginnt bei einer Rente unter 1200 € monatlich, die man nur erhält, wenn man grob geschätzt zwischen 2500 und 3000 € brutto monatlich über ein gesamtes Arbeitsleben verdient hat. Traurig, nicht wahr?
Ich habe in den vergangenen Monaten einige meiner ehemaligen Schüler getroffen, mal zufällig, mal geplant. Von den letzten 5 Jahrgängen habe ich den Eindruck, dass nicht mal mehr die Hälfte noch in der klassischen Apotheke arbeitet. Eine ist Hauswirtschafterin, einer Zugbegleiter, eine schult um zur Erzieherin, zwei sind in eine Krankenhausapotheke gewechselt, eine in die Sterilherstellung, zwei in den Pharma-Außendienst, drei haben angefangen zu studieren – und das waren nur die „guten“ mit den 1-er Zeugnissen. Und warum? Fast unisono kamen die Gründe: „ich wurde nicht wertgeschätzt“ und „ich habe keine Aufstiegschancen“.
Das sollte sich vielleicht so mancher Inhaber einmal durch den Kopf gehen lassen. Klar ist Geld nicht alles, aber auch PTA haben Rechnungen zu bezahlen und nicht immer einen mitverdienenden Partner.
Bildquelle: Adi Goldstein, Unsplash