Die Panik vor Tampons macht die Runde: Werden wir wirklich von den darin enthaltenen Schwermetallen vergiftet und müssen wir unseren Patienten jetzt von Tampons abraten? Wir klären auf.
Die Menarche findet bei 95 % der jungen Frauen in einem Zeitfenster zwischen 11 und 15 Jahren statt, das mittlere Menarchealter beträgt in Nordeuropa 13 Jahre. Das mittlere Menopausenalter liegt bei 50 bis 51 Jahren. Das bedeutet, je nach persönlicher Konstitution und Familienplanung, nahezu 40 Jahre lang jeden Monat drei bis sieben Tage Menstruation, zwölf Mal im Jahr. Hygieneartikel wie Binden oder Tampons sollten daher sicher, praktisch und möglichst ohne Schadstoffe sein. Tampons sind seit 1950 auf dem Markt und wurden u. a. von dem deutschen Ingenieur Carl Hahn entwickelt.
Eine in Deutschland durchgeführte Umfrage von 2021 ergab, dass rund 7,65 Millionen Frauen ab 14 Jahren mehrmals pro Monat Tampons verwenden.
Eine Studie aus den USA sorgt derzeit für Irritationen, was die Schadstoffbelastung von Tampons betrifft. Das Forschungsteam hatte 30 Tampons von 14 verschiedenen Herstellern untersucht.
„Wir haben zwischen September 2022 und März 2023 Tampons in stationären Geschäften in den USA (New York City), in der Europäischen Union (EU: Athen, Griechenland) und im Vereinigten Königreich (UK: London, England) sowie bei zwei großen Online-Händlern gekauft. Bei den in der EU und im Vereinigten Königreich gekauften Tampons handelte es sich nicht um dieselben Produkte wie in den USA, obwohl es bei einer Marke Überschneidungen gab“, so die Angaben des Teams. Analysiert wurden 16 Metallarten, darunter Arsen, Cadmium, Chrom, Quecksilber und Blei. Alle diese Substanzen konnten in den untersuchten Tampons nachgewiesen werden.
Die höchsten Mittelwerte wurden bei Zink festgestellt (52.000 ng/g), gefolgt von Blei (120 ng/g), Cadmium (6,74 ng/g) und Arsen (2,56 ng/g). Die Metallkonzentrationen unterschieden sich dabei je nach Region, Material und Marke teils deutlich. Auch beim Biostatus gab es Unterschiede. So war die Bleikonzentration bei nicht biologischen Tampons höher, die Arsenkonzentration lag dagegen bei Biotampons im oberen Bereich.
In der EU müssen die Anteile von Blei, Cadmium, Chrom und Arsen in Textilgeweben unter 1 mg/kg liegen, wie die Studie aufführt. Die Belastung der Tampons lag bei allen Untersuchungen unter diesem Wert. Berücksichtigen muss man, dass Tampons mit der Vaginalschleimhaut in Kontakt kommen, über die die Schadstoffe theoretisch in den Körperkreislauf gelangen könnten. Kalzium und Zink, die in vergleichsweise hohen Konzentrationen nachgewiesen wurden, werden Tampons zur Geruchsunterbindung, als Gleitmittel und als antimikrobielle Substanz zugesetzt. Das könnte die erhöhten Konzentrationen erklären.
Zusammenfassend sei unklar, inwieweit Schwermetalle, die aus der Umwelt oder in Herstellungsprozessen in die Baumwolle geraten, von den Tampons über die Vaginalschleimhaut in den Körperkreislauf aufgenommen würden.
„Die Studienergebnisse sind kein Grund, auf Tampons zu verzichten“, meint die Toxikologie-Expertin Andrea Hartwig vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Elemente wie Blei und Arsen sind ubiquitär vorhanden und werden in Gegenständen oder Lebensmitteln nachgewiesen. Die in den Tampons gefundenen Mengen lägen selbst bei einer kompletten Resorption bei wenigen Prozent dessen, was allein über Lebensmittel Tag für Tag aufgenommen wird.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt Entwarnung. Da man nur sehr geringe Mengen der potenziell gesundheitsschädlichen Stoffe nachgewiesen habe, seien durch den Gebrauch von Tampons keine gesundheitlichen Folgen zu erwarten. Selbst bei einer vollständigen Aufnahme, was eher unrealistisch sei, wäre die Belastung vergleichbar mit der Aufnahme aus Lebensmitteln, Trinkwasser und Umwelt.
Der Berufsverband der Frauenärzte e. V. zeigt in einer Stellungnahme Verständnis für die Besorgnis der Öffentlichkeit, insbesondere von Mädchen und Frauen, die durch die Studie hervorgerufen wurde. Es gilt zu klären, inwieweit die Erkenntnisse aus den USA auf den deutschen und europäischen Markt übertragbar sind. Auch seien die möglichen gesundheitlichen Risiken durch mit Schadstoffen belastete Tampons weiter zu untersuchen.
„Es ist Aufgabe der zuständigen Institutionen für Verbraucherschutz, neue Erkenntnisse zu berücksichtigen und sich mit möglichen Risiken auseinanderzusetzen. Die allgegenwärtige Exposition gegenüber Umweltchemikalien ist aus medizinischer Sicht grundsätzlich sehr bedauerlich und bedenklich – insbesondere bei Produkten, die direkt im oder am Körper angewendet werden“, so der Berufsverband. Gefordert wird deshalb ein gesetzlicher Rahmen zur Deklarationspflicht bei der Zusammensetzung von Menstruationsprodukten. Sie sollten generell schadstofffrei sein.
Es wurden nur geringe Metallkonzentrationen gefunden und es ist unklar, inwieweit die untersuchten Schadstoffe über die Vaginalschleimhaut aufgenommen werden. Andererseits verlassen sich Anwenderinnen seit Jahrzenten auf die vermeintliche Unbedenklichkeit von Tampons. Tägliche gesundheitliche Risiken aus Nahrung und Umwelt rechtfertigen keine zusätzliche Belastung durch Menstruationsartikel. Dem Appell des Berufsverbands an den Verbraucherschutz, mehr Augenmerk auf vermeidbare Schadstoffexpositionen zu legen, kann man sich nur anschließen.
Quelle:
Jenni et al. Tampons as a source of exposure to metal(loid)s. Environment International, 2024. doi: 10.1016/j.envint.2024.108849
Bildquelle: Lee Blanchflower, Unsplash