Die Homöopathie hat es nicht leicht. Die Kostenerstattung ist unter Beschuss, Ärztekammern schmeißen sie aus dem Fortbildungsprogramm. Das macht dünnhäutig. Oder warum arbeiten sich die Homöopathie-Ärzte des DZVhÄ jetzt an DocCheck ab?
Der Zentralverein der homöopathischen Ärzte (DZVhÄ) wirft verschiedenen Redaktionen auf seiner Website und auf X (ehemals Twitter) vor, falsche „Narrative“ über die Homöopathie zu verbreiten. Er schickte vor einigen Tagen eine lange E-Mail mit Fragen, die wir beantworten sollen. Ich habe sie der Form halber mal angehängt. Das Schreiben ist interessant. In ihm versucht der DZVhÄ etwas, dass man im Zivilrecht Beweislastumkehr nennt. Nicht die Homöopathie muss ihre Wirkung nachweisen. Nein, die Kritiker der Homöopathie sollen doch bitteschön belegen, dass sie wirkungslos ist.
Eine bemerkenswerte Volte. Leider lässt sie außer Acht, dass Journalisten, die Homöopathie hinterfragen, gar nichts beweisen müssen. Erstens sind sie nicht diejenigen, die gutgläubigen Patienten Zuckerkügelchen ohne relevanten Wirkstoffgehalt verordnen. Zweitens können sie sich auf die Aussagen namhafter Fachjournale stützen, die feststellen, dass die Wirkung der Homöopathie nicht über den Placebo-Effekt hinausgeht.
Um zu erkennen, dass Homöopathie nicht im pharmakologischen Sinn wirkt, bedarf es aber keiner Metaanalyse. Es reicht, wenn man einen Taschenrechner und die naturwissenschaftlichen Kenntnisse eines Drittklässlers hat. Ich selbst habe das vor ein paar Jahren mal in einem Blogbeitrag vorgerechnet: Wenn man beim Baden an der Côte d’Azur unauffällig 5 ml Kamillenextrakt in das Mittelmeer (Volumen: 4,3 x 1018 Liter) pipettiert, verwandelt man im Handstreich den gesamten Wasserraum zwischen Gibraltar und Tel Aviv in Chamomilla-Lösung D21. Geschüttelt, nicht gerührt.
Solange mir keines der rund 7.000 (!) Mitglieder des DZVhÄ schlüssig erklären kann, wie das funktionieren soll (und kommt mir jetzt bitte nicht mit Quantenphänomenen und „Wassergedächtnis“), wird DocCheck weiterhin kritisch über die Hahnemann’sche Verdünnungsreligion berichten. Ich finde es schon gewagt, wenn ein Berufsverband von anderen „Gütekriterien“ verlangt, sich selbst aber auf so dünnem wissenschaftlichen Eis bewegt, dass bereits Mücken am Ufersaum einbrechen. Schließlich handelt es sich ja nicht um eine Konfessionsgemeinschaft, oder?
Wie schwach die Beweislage ist, lässt sich schon daraus erkennen, dass der DZVhÄ als eines seiner Kernargumente die Erwähnung der Homöopathie in der S3-Leitlinie ‚Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten‘ feiert – neben Katzenkralle, Reiki und Leinsamen. Dort steht aber lediglich, dass man die Verordnung von Homöopathika zusätzlich zur Tumortherapie erwägen kann. Da ist DocCheck ganz auf der Linie des „federführenden wissenschaftlichen Expertengremiums“. Das kann man erwägen. Das kann man aber auch sein lassen. Aus dem Empfehlungsgrad 0 lässt sich kaum ableiten, dass deutsche Onkologen Globuli neuerdings für eine Erstlinientherapie halten. Aber vielleicht ist das auch eine journalistische Falschaussage und Tyrosinkinasehemmer werden bald gegen Aconitum D 12 ausgetauscht. Die ausgelobte Kosteneffizienz wäre in diesem Fall tatsächlich erreicht.
Liebe Frau Dr. Geiger, die Deadline für die Beantwortung Ihres Schreibens haben wir gerissen. Wir haben jedoch innerhalb einer angemessenen Frist geantwortet. Leider fehlte mir die Zeit, alle von Ihnen aufgeführten Studien diverser komplementärmedizinischer Lehrstühle kritisch zu würdigen. Wir werden das nachholen. Versprochen. Aber wir werden uns nicht aus der Homöopathie-Berichterstattung verdünnisieren. Denn der Versuch, meine Mitarbeiterinnen als lügende Märchentanten zu framen, setzt in mir starke Energien frei – ganz im Sinne des „similia similibus curentur“.
Bildquelle: Erstellt mit midjourney