Der September steht im Zeichen des “Pain Awareness Months“. Die Weltgesundheitsversammlung (WHA), hat den Awareness-Monat ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für das umfassende Thema Schmerzen zu stärken.
Gerade chronische Schmerzen sind für viele Erkrankte eine besondere Belastung. Einer Studie zur Folge leiden fast zwei Drittel (61,4 %) der dort befragten Menschen mit chronischen Schmerzen auch ein Jahr später noch an diesen.¹⁻² In den USA ist die Zahl der Menschen, die jedes Jahr mit chronischen Schmerzen neudiagnostiziert werden, höher als mit Hypertonie, Depression oder Diabetes.² Aber wie definieren sich chronische Schmerzen überhaupt und wie kann Medizinalcannabis Betroffene in der Schmerztherapie unterstützen?
Aktuell ist die Definition für chronische Schmerzen so, dass alle Schmerzen als chronisch betrachtet werden, deren Dauer über das Ausmaß einer akuten Ursache hinaus nicht nachvollziehbar anhält.³
Die Ursachen für chronische Schmerzen sind sehr vielfältig. So gehen einige chronische Erkrankungen mit Schmerzen einher, etwa bei Tumoren oder rheumatischen Erkrankungen, können aber auch für sich selbst genommen eine Krankheit darstellen.³
Pathologisch erklärt sich chronischer Schmerz so, dass länger andauernde Schmerzen die weiterleitenden Nerven des Rückenmarks und Gehirns für nachfolgende Reize sensibilisieren können. So können schon leichte Reize als starke Schmerzen empfunden werden und die Situation auf Dauer so verschlechtern, dass es zu einer regelrechten Überempfindlichkeit kommen kann. Dabei passiert es auch, dass Schmerzsignale vom Rückenmark an das Gehirn gesendet werden, wenn die peripheren Gewebe keine Schmerzsignale mehr an das Rückenmark senden.³ Ein solches „Schmerzgedächtnis“ wird auch durch genetische und psychosoziale Faktoren begünstigt.³
Die analgetische Wirkung von Medizinalcannabis könnte über CB2-Rezeptoren vermittelt werden,⁴ etwa Schmerzen, die durch Entzündungsprozesse hervorgerufen werden.⁵ Der CB1-Rezeptor hingegen hemmt die übermäßige Erregbarkeit von Neuronen.⁵ Mehr Informationen hierzu lesen Sie hier.
Eine Studie zeigte, dass synthetische Cannabinoide eine ähnliche Wirkung bei chronischen nicht-tumorösen Schmerzen haben, wie Opioide.⁶ Einige Reviews schlussfolgerten, dass bei dem Einsatz von Medizinalcannabis für Schmerzpatient:innen die Nutzen potentielle Risiken und Nebenwirkungen überwiegen und die Studien von moderater bis hoher Qualität seien, was die Aussagekraft der Studien stärkt.⁷⁻⁹
Im Rattenmodell zeigt sich, dass eine vermehrte Expression von CB1-Rezeptoren in Folge einer Nervenschädigung eine Erklärung liefern könnte für die therapeutische Wirksamkeit von Cannabinoiden bei neuropathischen Schmerzen, da die positive Wirkung eines CB-Rezeptor-Agonisten in Ratten mit hochregulierter Expression stärker ausfiel.¹⁰ Eine weitere Studie konnte eine Reduktion der chronischen Schmerzsymptomatik im Rattenmodell durch den Einsatz von THC-Verdampfung bestätigen.¹¹
Menschen, die mit chronischen Schmerzen leben, könnten von Medizinalcannabis profitieren. So wird der Einsatz auch in Leitlinien erwogen, wenn andere Therapien keine (ausreichende) Wirkung zeigen.¹² In Gesprächen mit chronischen Schmerzpatient:innen zeigte sich, dass Medizinalcannabis helfen kann, Faktoren zu beeinflussen, die ein Leben mit den Schmerzen ermöglichen, etwa dass die Schmerzen gedanklich weniger präsent sind.¹³ Medizinalcannabis kann aber auch schmerzlindernd wirken, etwa bei gynäkologischen Ursachen, wie Endometriose.¹⁴
Die Datenlage ist zurzeit noch sehr uneinheitlich, weshalb die meisten publizierten Reviews, die sich mit dem Thema Medizinalcannabis bei chronischen Schmerzen beschäftigen, eine zaghafte Empfehlung zum Einsatz von Medizinalcannabis geben, gleichzeitig mehren sich aber die Hinweise darauf, wie die analgetische Wirkung auf zellulärer Ebene vermittelt werden könnte. So kann dann in Zukunft, basierend auf wissenschaftlichen Fakten, Menschen mit chronischen Schmerzen schneller und effektiver geholfen werden.
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